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Tom Feuerstacke und Peter Niemeyer dribbeln verbal durch eine bislang erfolgreiche Saison

OHNE DIE 90. MINUTE WÄRE FUSSBALL PLANBAR

Am Ende zählt bekanntlich der Erfolg. Nicht ganz, sagt Peter Niemeyer. Denn der muss es wissen. Er ist der Sportdirektor des SC Preußen Münster. Als ehemaliger Profi weiß er, wovon er spricht. Und das tut er voller Leidenschaft und trotzdem völlig unaufgeregt. Fußball ist kein Geschäft für Schreihälse. Den Fokus auf das Ziel richten und die Strukturen für den maximalen Erfolg schaffen. Darin besteht die Kunst. Am Ende eine Momentaufnahme als gut bezeichnen und sich nicht zufrieden zurücklehnen, lautet die Devise. So oder so … 

Peter, du bist in Riesenbeck geboren. Wie kommt man da zum Fußball? Alles, was ich mit dem Ort in Verbindung bringe, sind Pferde.

(Lacht) Das stimmt. Auch meine Eltern hatten Pferde. Mit meinem größeren Bruder habe ich im Garten immer vor den Ball getreten. Dort stand ein Tor. Die Affinität war bereits früh gegeben.

 

Teuto Riesenbeck war dein erster Jugendverein. Der Beginn deiner Profikarriere. Als Sportchef ziehst du an den Fäden des Erfolges bei Preußen Münster. Wie ist im Moment die Stimmungslage, wenn du an den Verein denkst?

Ich verspüre eine große Vorfreude auf das Topspiel gegen Fortuna Köln und auf die weiteren spielerischen Aufgaben, die da kommen. Generell muss man sagen, dass wir hier vor anderthalb Jahren einen guten Weg eingeschlagen haben. Im Verein wurden Strukturen geschaffen, mit denen sportlicher Erfolg stattfinden kann. 

 

Von welchen Strukturen genau sprichst du?

An der Westkurve haben Rodungsarbeiten begonnen. Somit starten die lang ersehnten und benötigten Arbeiten am und um das Stadion. Bis zum Sommer werden zwei neue Trainings- und Spielplätze fertiggestellt, die dringend benötigt werden. In den Katakomben wurden wichtige Verbesserungen vorgenommen. Außerdem verspüre ich, dass die Menschen wieder sehr gerne zu Preußen Münster gehen.

 

Man merkt, dass momentan viel bewegt wird an der Hammer Straße. Und eine gewisse Euphorie wie bei dir auf das Kommende und die nächsten Spieltage ist bei den Fans zu verspüren. Mich würde aber interessieren, wie du die aktuellen sportlichen Ergebnisse einordnest?

Ich bin Sportler. Und natürlich möchte ich immer mehr und das Maximale bewerkstelligen. Wenn ich die aktuelle Situation sehe, muss ich sagen, dass das Maximum noch nicht erreicht ist. Wir haben einen sehr guten Kader. Der steht auf Augenhöhe mit den Topteams in der Regionalliga. Im Moment stehen wir auf Platz eins der Liga. Natürlich wissen wir, dass da ein paar Spiele mehr ausgetragen wurden. Wir arbeiten an der perfekten Saison. Da ist noch Luft nach oben. Wir lassen diese Perfektion nicht aus den Augen. 

 

Du bist mit der sportlichen Situation bei unseren Preußen zufrieden. Du sagst, dass es so gut ist?

Ja. Es ist gut mit Potenzial nach oben. Ich bin nie zufrieden. Das würde Stillstand bedeuten. Ich strebe immer nach maximalem Erfolg. Das steckt so in mir. Es ist alles in die richtige Richtung gelenkt. Aber es ist auch noch mehr da, was rausgeholt werden kann.

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Etwas, das ihr jetzt schon rausgeholt habt, ist die Regionalität der Werbepartner. Der SC Preußen Münster ist wieder eine Marke und Firmen aus dem Münsterland wollen dabei sein. Wollen den sportlichen Weg mitbestreiten. Wie habt ihr es geschafft, diese Firmen zu überzeugen?

Wir haben den Partnern unseren Weg aufgezeichnet. Mit großer Demut und Ehrlichkeit haben wir eingestanden, dass in der Vergangenheit nicht alles richtig gelaufen ist und auch die Zukunft steinig sein kann. Authentizität und Verbindlichkeit waren ausschlaggebend, Weggefährten zu finden.

 

Wenn du mit den Sponsoren sprichst und den Weg aufzeigst, den du gehen willst: Wann führt dieser in die 3. Liga?
Das ist das beste Beispiel für die Verbindlichkeit. Ich kann niemals voraussagen, wann was eintritt. Ich kann allerdings einen Weg aufzeigen, mit dem man den Sprung in die nächst höhere Liga schafft. Aber wir treten noch immer vor das Leder. Und da gibt es Variablen. Das ist das Schöne am Fußball. Man kann ein Fundament schaffen und an Stellschrauben drehen für den Erfolg. Aber es gibt da immer die 90. Minute, in der der Ball am Innen- oder Außenpfosten landet. Von daher ist eine zeitliche Voraussage des Aufstiegs maximal unseriös.

 

Du sagst, ihr bewegt euch auf Augenhöhe mit den Spitzenklubs. Das sehen wir Fans in den Ergebnissen. Aber es fehlt an Konstanz, wenn es gegen vermeintlich kleinere Vereine geht. Wie erklärst du das mit deiner Erfahrung als Sportler?
(Lacht) Wenn ich dafür immer die Lösung wüsste. Dann wäre Fußball schön einfach. Rot-Weiß Essen gewinnt Spiele in der letzten Minute. Dabei spricht man gerne von Glück. Aber auch Fortune muss man sich erarbeiten. Denn immer Glück zu haben, ist auch eine Qualität. Du musst die Konstanz schaffen. Das ist der Schlüssel in diesem Nadelöhr Regionalliga. Du musst jede Woche alles abrufen. Für den Fan mögen die Gegner schlechter wirken. Aber sie sind nicht so schlecht, dass sie Laufkundschaft sind. Sonst würden sie nicht in unserer Liga spielen. Und die Kunst, in jedem Spiel alles abzurufen, ist eine Qualität, die es braucht.     

 

Das klingt alles schön sachlich. Immer die Fassung bewahren und weiter geht es. Erklärungen liegen auf der Hand?

Innerlich balle ich ab und an die Faust. Aber es bringt nichts. Es gilt, Ruhe zu bewahren und die Situation jederzeit neu zu bewerten. Man muss immer wieder Schritte abrufen, um sportliche Konstanz zu erreichen. 

 

Im Fußball wird so oft von diesen Schritten gesprochen. Um welche Moves handelt es sich denn?

Es ist was Einfaches, sich die Schuhe zu binden und in Essen zu spielen. Das Ganze mit einer guten Leistung. Und drei Tage später geht es nach Rödinghausen und man muss das gleiche Ergebnis abrufen. Das ist eine unglaubliche mentale Kraft, der es bedarf, um am Ende oben zu stehen. Diese Liga verzeiht keine Ausrutscher. 

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Also noch mal zur Ausgangsfrage. Du sagst, so wie es ist, ist es gut?

Es ist gut. Man sieht, dass wir eine sehr gute Mannschaft mit einem guten Charakter haben. Wir bewegen uns auf Augenhöhe mit den Topteams. In der Summe ist es im Moment leider noch zu oft, dass wir nicht immer an unsere Leistungsgrenzen stoßen.

 

Der Verein hat Lizenzanträge für die dritte und vierte Liga gestellt. Glaubst du nach den Ausführungen, dass die Mannschaft aktuell in der nächst höheren Liga spielen könnte?

Wir stehen oben, auf Platz eins. Und der Aufstieg ist möglich. So lange gilt es, alles dafür zu tun. Es gibt keinen Grund, warum man freiwillig in der Regionalliga bleiben sollte. Wir sind absolut in der Lage, mit dieser Mannschaft aufzusteigen. Wir hatten gerade das Thema Perfektionismus. Wir dürfen uns in der momentanen Situation nichts mehr erlauben. Wir müssen uns steigern, um dieses Ziel zu erreichen. 

 

Als Fan kann ich aufzeigen, was ein Aufstieg für mich bedeuten würde. Aus Fußballersicht ist es vermutlich auch schnell erklärt. Aber was bedeutet ein solcher möglicher Aufstieg für einen Sportchef?

Als Team bedeutet das für mich in vorderster Reihe, dass wir ein unglaubliches Ziel erreicht hätten, das wir uns als Team vor 365 Tagen gesteckt haben. Das wäre eine Genugtuung für die Arbeit, die wir geleistet haben. 

Wo wir vorhin vom Beginn der Baumaßnahmen sprachen: Bereitet es dir Sorgen, bei dem Gedanken, demnächst auf einer Baustelle zu spielen?
(Lacht) Auf keinen Fall. Es ist das Licht am Ende des Tunnels, dass hier endlich Strukturen geschaffen werden, noch erfolgreicher zu sein. Ich verspüre gerade so viel Energie hier. Wir schauen zusammen in die gleiche Richtung und wissen, dass in der Vergangenheit nicht alles richtig gelaufen ist. Aber jetzt drehen wir zusammen an den Stellschrauben und schaffen ein Fundament für den sportlichen Erfolg. Das lässt einen so viel Kraft verspüren. Man hat erkannt, dass man mitgehen muss mit der Zeit - sonst geht man mit der Zeit. Die Erkenntnis, dass nicht erst der sportliche Erfolg vorhanden sein muss, um die Struktur drumherum zu verbessern, ist keine Planung für die Zukunft. Wenn das Konstrukt auf einem gesunden Grund steht, kann sich dauerhafter sportlicher Erfolg einstellen.

Es sind am Ende immer die gleichen Aussagen, die angeführt werden, wenn es um Preußen geht?
Es ist so, egal wo. Ein Mitarbeiter muss sich in seinem Arbeitsumfeld wohlfühlen. Also müssen Bedingungen geschaffen werden, die so sind. Wie war es in der Vergangenheit? Kein Geld, ein Trainingsplatz. Das Innere der Tribüne ging so und der Hauptplatz ist ein halbes Jahr nicht grün. Damit begeisterst du keine Spieler für unseren Verein. Und das wird gerade geändert. Es wird aktuell ein Rahmen geschaffen, wo der Spieler sagen wird, dass er sich hier wohlfühlt. Das Resultat wird am Ende sportlicher Erfolg heißen.


Letzte Frage: Essen steigt auf und wir beten, dass Duisburg nicht absteigt. Somit ist spätestens in der nächsten Saison der Aufstieg sicher?
(Lacht) Ich lebe im Hier und Jetzt. Solange es rechnerisch möglich ist, tue ich alles für den kurzfristigen Erfolg. So wie es das gesamte Team auf und um den Platz tut. Ab dem Tag, wo es kurzfristig nicht mehr möglich ist, werde ich mich mit den Aufgaben einer kommenden Saison befassen. Bis dahin gilt, den gesamten Fokus auf das Hier und Jetzt zu richten.

Danke für das Gespräch, Peter, und weiterhin viel Erfolg! Am Ende wird ja bekanntlich alles gut.
Danke. Wir sehen uns im Stadion. 

 

INFO

Peter Niemeyer

Der 1983 in Riesenbeck geborene Fußballer fand seinen Weg ins Profigeschäft über den Umweg Niederlande. Der bekennende Münsterländer ist seit 2020 für die sportlichen Geschicke bei den Adlerträgern aus Münster verantwortlich. Das voller Demut und Zielstrebigkeit. 

Autor Tom Feuerstacke / Illustration Thorsten Kambach / Fotos Sebastian Sanders, SC Preußen Münster

Erstmalig erschien dieser Text in Stadtgeflüster Interview April 2022

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