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Tom Feuerstacke, Ekki Kurz und Otto Waalkes lachen sich kaputt

Das kennt doch jeder: Tagelang bereitet man sich auf ein Gespräch vor, gräbt alte Geheimnisse aus, fast vergessene Fotos, verworrene Zitate und dann – ist alles für den Arsch. Denn man trifft Otto. Vermutlich ist es einfacher, einen Sack Flöhe zu hüten, als seinen Gedanken zu folgen. Man kommt tatsächlich aus dem Lachen nicht raus. Wir sitzen im wunderbaren Backstagebereich vom berühmten Jovel, heute ist hier sozusagen „Max‘ Monday“, aber dazu demnächst mehr…

DER ROTZLÖFFEL AUS DER LETZTEN REIHE

Mensch, Otto, wir kennen uns.

Mensch, woher bloß?

 

Ich sage nur: Foto Brunke.

Und ich sage nur: Juist.

 

Da hast du tatsächlich … gearbeitet.

Jau, da habe ich gearbeitet … tatsächlich.

 

Gearbeitet bei Foto Brunke.

Auf Juist. 

 

Siehst du, da sind wir uns begegnet. Ich war damals Kutscher. 

Wie nur etwa jeder Tausendste auf Juist! Und?

 

Und habe dich über die Insel gefahren.

Das ist lange her. Leben die denn alle noch?

 

Die Brunkes? Leben beide noch!

Unglaublich, die muss ich mal besuchen. Ich dachte, die existieren nicht mehr. Da gehe ich aber mal sofort hin.

 

Mit der Tochter Hedda hatte ich eine Liaison. 

Und, wäre die was für mich?  

 

(Tom denkt kurz nach, Otto hängt seinen Gedanken nach.)

 

Bestimmt. Aber jetzt legen wir los mit der Fragerei.

Ich dachte, das wäre schon das Interview und wir sind durch. Schieß los.

 

Otto, du hast mal in Münster gelebt.

Was heißt gelebt? Ich würde es „überlebt“ nennen. Ich hatte hier eine Freundin, nach meiner ersten gescheiterten Ehe. Die wohnte in der Schulstraße. Und da habe ich auch zeitweilig gewohnt. Die ist mittlerweile verheiratet und zwar nicht mit mir. Das war eine Erfahrung.

 

Es gab das Gerücht, du hättest ein Haus im Mauritzviertel besessen.

Nee, das stimmt nicht. Das hätte ich mir gar nicht leisten können bei den Immobilienpreisen. Ich hatte aber mehrere Freundinnen hier in Münster.

 

Gleichzeitig? 

Hintereinander oder doch nebeneinander. Aber ein Haus? Habe ich hier nie besessen. Weißt du aber, was ich in Münster hatte?

 

Eine Barbourjacke? 

(Lacht) Nein, ein Fahrrad.

 

Das erste Mal habe ich mit sieben Jahren über deine Witze gelacht und das gleich fast bis zu Tode. Heute lache ich auch, sogar über dieselben Witze.

Interessant. Das geht seltsamerweise ja vielen so! 

 

Allerdings an anderen Stellen. Wie funktioniert das, Jung und Alt mit einem Sketch gleichermaßen anzusprechen?

Da habe ich nie drüber nachgedacht. Das genieße ich und freue mich darüber. Ich habe ja unterschiedliche Projekte. Mal ist es ein Zwergenfilm, dann Ice Age. Am Ende eröffnen mir diese Arbeiten immer neue Fankreise. Hinzu kommt, dass die Sketche von damals eine gewisse Zeitlosigkeit haben, sodass sie immer noch in die heutige Zeit passen.

 

Wunderst du dich, dass Sketche aus den Siebzigern nach wie vor zünden?

Nicht wirklich. Das ist oft die Kombination aus Bewegungsakrobatik und Bewegungskomik, eine Mischung aus Mimik und Gestik. Wenn du das heute spielst, funktioniert das nach wie vor. Wie gesagt: zeitlos. Es ist immer wieder lustig, ich lache da selbst drüber, wenn ich etwas Altes noch mal höre.

 

Neben deinen unzähligen Sketchen gibt es stets neue Projekte zu sehen. Was planst du als nächsten Angriff auf unsere Lachmuskeln?

Im zehnten Jahr spreche ich Sid, das Faultier in Ice Age. Ich gehe auf Tournee und werde im Herbst wieder mit Udo Lindenberg unterwegs sein!

 

Dann können wir auf eine Platte hoffen?

Das weiß ich noch nicht. Vielleicht gibt es eine neue Platte oder CD. Kann aber auch sein, dass es eine Fernsehshow wird. Irgendetwas wird sich anbieten. Mal schauen.

 

In den Siebzigern warst du gefühlt in jeder Woche in den Wohnzimmern der Nation. Hat…

... einmal die Woche? Eher einmal im Jahr. Schließlich gab es ja nur zwei Sender und einmal im Jahr Otto.  

 

Gibt es einen Sender, der in diesem nostalgischen Stil solche Shows noch mal aufzeichnen und ausstrahlen würde? 

Ich weiß nicht, ob die das hinbekommen würden, das ist schwer zu produzieren. Schließlich bin ja auch ich ein wenig älter geworden. Ich bin mir nicht sicher, ob es erfrischend sein kann. Diese Art des Fernsehmachens war damals neu, da stand ein Mann auf der Bühne und das für eine Dreiviertelstunde, alleine. Diese Spontanität, solche Scherze, feinen Reime und das Licht, das müsste funktionieren. Du hast recht. Ich fühle da mal nach. 

 

Das Ganze bei den Öffentlich-Rechtlichen ohne Werbung?

Ach – die Werbung könnte ich doch auch selber machen? 

 

In einer Internetumfrage bist du direkt nach Loriot und Heinz Erhardt zum besten deutschen Komiker gewählt worden. Geile Auszeichnung?

Wow, stimmt das? 

 

Ja sicher.

Das sind große Vorbilder! Da habe ich ja Glück gehabt. Aber was alles so im Internet steht! Da stand nicht zufällig, dass ich gut aussehe und deutlich jünger bin, als ich bin?

Das steht da nicht. Hast du eigentlich die Böhmermann-Geschichte verfolgt?

Ich komme gerade aus Amerika, wo wir uns auf die Tournee vorbereitet haben, da habe ich davon nichts mitbekommen. 

 

Echt nicht?

Nee, überhaupt nicht. Ich habe drüben nur den Trump verfolgt.

 

Du hast dich bisher eher gar nicht politisch geäußert in deinen Programmen. Dankeschön!

Jetzt, wo Obama sich politisch äußert und Parodien macht, könnte ich ja auch mal was Politisches machen. Aber ich kann mich nicht verstellen: Ich bin einfach immer gut drauf. Es gibt ja keinen Grund für alles andere, es läuft alles so gut und das schon so lange. Das ist wie bei Udo, der wacht morgens immer mit einem Lächeln auf, sagt er.  

 

Aber wenn man so viele Menschen erreicht wie du, wäre es da nicht wichtig, sich öfter zur politischen Situation zu äußern?

Nein, ich bin ja kein Kabarettist, ich bin Humorist. Was sollte zum Beispiel ein Clown mit der roten Nase zu Böhmermann sagen? Er würde mit den Achseln zucken. 

Was muss man denn können, um sich politisch zu äußern?

Talent muss man haben, so wie Dieter Hildebrandt. Da funktioniert das. Ich habe ein sehr gemischtes Publikum mit Kindern, die das vermutlich nicht verstehen würden und ich müsste ein Konzept finden, das passt. Ich wollte immer zeitlose Dinge machen. Die stets passen, situationsunabhängig. Sollte ich das jetzt noch ändern? 

 

Also doch noch der politische Otto?

Das bin ich auf meine Art. Es ist eine Geisteshaltung. Du schickst die Leute in ein scheinbar stabiles Sinngebäude und lässt sie gegen die Wand krachen. Bäm. Das ist das, was erreicht werden muss. Das ist nicht einfach. Das muss man subtil machen. Da kannst du nicht plump deine politische Haltung raushauen. Das wäre nicht meine Art.

 

Mein Lieblingsgag von dir ist sehr politisch. Die Kriegserklärung Ostfrieslands an China.

Die anonyme Kriegserklärung! Schöne Geschichte. Und auch ich musste mich schon für einen Kalauer bei Bundeskanzler Schmidt entschuldigen, weil ich den Papst beleidigt hatte. Ich sagte damals, der Papst hätte Selbstmord begangen. Warum auch nicht, wenn man sich beruflich verbessern kann?

Entschuldigung dafür beim Kanzler?

Ich bin hin zu Helmut, musste ein paar Colas trinken und ehrlich, soviel gequalmt habe ich in meinem Leben nie mehr. 

 

Weil wir so schön in der Vergangenheit schwelgen: Wie war eigentlich der Dreh mit Heesters, als er noch bei Verstand war?

(Lacht) Der war noch lange bei Verstand. Ich erinnere mich an einen Dreh in Leer, 1999. Wir saßen alle zusammen, Schauspieler und Crew. Da fragte ich ihn, wie er das macht, dass er immer noch so fit ist. Er beugte sich zu mir und verriet mir sein Geheimnis: Einfach jeden Tag einen Bessen Genever trinken. Er rief den Ober zu sich, fragte, ob er Bessen Genever hätte, und bestellte eine Runde für alle. Wir tranken das rote Zeug. Natürlich folgte Runde um Runde und wir waren alle ziemlich betrunken. Er rief den Ober immer wieder, bis der leise zu ihm sagte, dass der Genever aus sei und es ihm total leidtäte. Daraufhin Heesters: „Whiskey für alle!“ 

 

Ernsthaft?

Ich schwöre es dir, der hat uns alle unter den Tisch gesoffen. Unfassbar. 

 

Otto, ohne Scherz…

… das ist ein schlechtes Zeichen. Das Interview ist zu Ende. Heute ist witzefrei? 

Nein, Otto! Ohne Scheiß. Aber in den Talkshows mit dir, die ich mir in den vergangenen drei Tagen noch einmal angeschaut habe, bist du so hibbelig und sprunghaft wie ein Sack Flöhe. Ich frage mich: Wie bist du durch die Schule gekommen?

Genau so, ich sage dir: genau so. Immer rausgeschmissen, Verweise bis zum Gehtnichtmehr. Ich habe die alle gezeichnet, saß da mit meinen halblangen Haaren bei diesen Altnazilehrern, die null Verständnis hatten und mein Benehmen mit dem Rohrstock quittierten. 

 

Die Schläge haben ihre Wirkung ordentlich verfehlt. Danke für die Zeit kurz vor deinem Auftritt.

Bitte sehr! Und jetzt werde ich mal ruhig und konzentriere mich.

INFO

Vereint in sich alles, was einen multitalentierten Komiker ausmacht. Nicht umsonst ist er der erfolgreichste ostfriesische Exportschlager in Sachen Humor. 

Viele, viele weitere Infos zum Otto Waalkes erfahrt Ihr am besten hier:

Autor Tom Feuerstacke / Illustration Thorsten Kambach

Erstmalig erschien dieser Text in Stadtgeflüster Interview

Januar 2019

​Alle Rechte bei Stadtgeflüster – das Interviewmagazin vom

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