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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Der münsterische „Hasenstall“ hat Jubiläum

FÜR KLEINE UND GROßE HASEN

Wenn man im Internet nach „Hasenstall Münster“ sucht, werden einem zunächst sämtliche Kleintier-
Zubehör-Artikel angezeigt. Doch wer den lokalen Schatz kennt, findet von der Promenade aus zwei Ecken weiter, die vielleicht kleinste Buchhandlung Münsters. Und genau dieser Geheimtipp im Herzen der Stadt kann dieses Jahr 15-jähriges Bestehen feiern. Spezialisiert auf Kinderbücher gibt es aber auch alles andere dort zu bestellen. Chiara Kucharski spricht mit der Inhaberin Waltraud Haarlammert, alias „Frau Hasenstall“ in ihrem liebevoll dekorierten Laden.

Es heißt, Du kennst jedes Buch in Deinem Laden. Wonach wählst Du die Werke aus, die es dann in Deine Buchhandlung schaffen?


Wichtig ist, dass den Kindern die Bücher gefallen. Doof ist nur, dass die Kinder die Bücher nicht kaufen. Das sind die Eltern, Tanten, Onkel, Großeltern. Die Geschmäcker von Kindern und Erwachsenen sind in Hinblick auf Kinderbücher doch sehr verschieden, da muss man auch schonmal vermitteln. Aber auch: Die Bücher im Laden müssen mir selbst gefallen. Denn wenn das nicht ist, kann ich es auch nicht gut weiterempfehlen. Bei einigen Büchern war ich anfangs skeptisch, habe mich dann aber überzeugen lassen, weil die Kinder es gut fanden.


Und sonst?


Ansonsten mag ich es nicht zu süßlich, nicht zu kitschig und ich habe bisher überwiegend auf Einhörner verzichtet … Wichtig finde ich auch, dass die Bücher Jungs wie Mädchen ansprechen. Irgendwann, wenn sie größer werden, teilt sich das natürlich doch schon mal. Auch soll es nicht zu pädagogisch sein. Es ist schön, wenn ein Buch Botschaften vermittelt, aber bitte ohne den erhobenen Zeigefinger. Man lernt aus allen Büchern, aber in erster Linie muss es Spaß machen.


Dann kommt die Leselaune automatisch.


Je nach Lebensphase liest man auch mal ganz untypische Sachen. Mit siebzehn habe ich mal Rosamunde Pilcher gelesen, da schäme ich mich auch nicht für, das sind Erfahrungen und dann ist gut. Deswegen ist es auch wichtig, dass Kinder ihre Bücher auch selbst auswählen können. Das ist leider häufig nicht so, dass Eltern ihren Kindern da über den Weg trauen. Aber gerade so entsteht die Leselust.


Wie kam es dazu, die Buchhandlung aufzumachen?


Mir kam die Idee wie ein Blitz, zack. Diese Idee ging dann nicht mehr weg. Ich hatte vorher Grafikdesign studiert, aber dann in dem Beruf nie gearbeitet und ich wollte auch nicht mehr im Angestelltenverhältnis arbeiten oder jeden Tag das Gleiche machen. Dann habe ich hier neben dem Reisebüro diesen kleinen Laden entdeckt, der leer stand, bin nebenan rein und habe nachgefragt. Es hat alles sofort gepasst.


Wieso Kinderbücher?


Dazu hatte ich schon immer eine Affinität. Zu Hause waren zwar Bücher immer da, es hatte nur selten jemand Zeit, sie mir vorzulesen. Es wurde auch nie so zelebriert, wie das heute oft gemacht wird. So fing ich dann sehr früh an, lesen zu lernen, damit ich herausfinden konnte, was in den Büchern steht.


Was hast Du Dir als erstes gegriffen, als Du lesen konntest?


Eine der ersten Erinnerungen ist „Die kleine Hexe“ von Preußler. Da weiß ich bis heute, wie ich auf dem Sofa liege und es wird immer dunkler und dunkler. Aber ich konnte das Buch einfach nicht weglegen, um das Licht anzumachen.

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Max Kruse schrieb meine Lieblingsbücher

Als Du selbst noch Kind warst, welches war Dein liebstes Buch?


Meine allerliebsten Lieblingsbücher waren Bücher von Max Kruse „Der Löwe ist los“. Das war eine Reihe von fünf oder sechs Büchern, die habe ich wirklich immer wieder aufs Neue gelesen und einige zum Teil heute noch, teils nachgekauft.


Heute verschwinden viele Bücher auch sehr schnell wieder bzw. werden nur kurz aufgelegt.


Ist doch klar: Wenn so viel auf den Markt geschmissen wird, muss auch schnell wieder etwas verschwinden. Ich arbeite mit Verlagen, die genau das nicht machen. Nehmen wir den Moritz Verlag, da habe ich in den ganzen fünfzehn Jahren, glaube ich, nicht erlebt, dass ein Kinderbuch verschwunden ist. Der Verleger überlegt sich das schon ziemlich gut, was er macht und es ist schön, wenn man sich darauf verlassen kann. Diese Bücher sind wirkliche Renner. Es hat auch was mit Nachhaltigkeit zu tun.


Für welches Altersspektrum findet man hier Bücher vor Ort?


Von klein auf, also ab zwei Monaten gibt es da schon die ersten Bücher, bis hin zu ab 14 Jahren, da kommt es dann darauf an, ob mir da etwas ins Auge springt oder neu erscheint.


Was liest Du heute privat für Literatur?


Ich lese schon auch noch Bücher für Erwachsene. Eigentlich alles außer Krimi. Aber gerade wenn die ganzen Neuerscheinungen kommen, schaue ich mir schon sehr viele Kinder- und Bilderbücher an und wähle aus. Es ist irgendwie so, wie es mir gerade begegnet. Wir wohnen direkt neben einem Laden, der An- und Verkauf von Büchern, CDs et cetera vertreibt, da stöbere ich auch ab und zu. Tatsächlich bringen auch mal Kunden Empfehlungen mit.


Jetzt sind es ja 15 Jahre Buchhandel für Dich. Gibt es Erkenntnisse, die Du vor der Selbstständigkeit nicht hattest?


Na ja, man lernt schon auch die Menschen kennen … Was ich dadurch mittlerweile gut kann, ist, die Menschen einzuschätzen. Aber ich werde auch immer wieder überrascht, so ist es auch. (Lacht) Ansonsten sind es auch die schönen Begegnungen mit den Kleinen, das ist schon sehr süß. Wobei es auch schonmal brenzlig werden kann.

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Diese Bücher sind wirklich der Renner

Brenzlig inwiefern?


Ein Kind darf sich ein Buch aussuchen, schnappt sich dann aber natürlich das größte Buch von allen, das gar nicht dem Alter entspricht, Eltern sagen: „Aber nicht das Buch!“, und alle rennen dann schreiend aus dem Laden. Das gab’s auch schon. Da muss man auch schonmal vermitteln.


Eine Buch-Mediatorin!


Aber das finde ich ganz schön, dass ich all diese Erfahrungen gemacht habe.


Wie bewertest Du den lokalen Buchhandel beispielsweise mit Blick auf KI, die Bücher von selbst generieren, Online-Handel und Co.?


Na, in einer Buchhandlung wie meiner muss man Lust auf Begegnungen haben. Man muss Lust haben, in die Stadt zu kommen, sich Zeit zu nehmen, sich umzugucken. Bücher abzuholen, wenn man sie bestellt, ist manchmal schon zu unbequem. Das merkt man, sowas merken viele, die einen Laden in der Stadt haben.


Hektik ist wohl der Gegner des schönen Erlebnisses.


Bei vielen habe ich den Eindruck, ist es kaum noch eine Option, in ein Geschäft zu gehen und da etwas zu kaufen. Bei meiner Klientel merke ich diese Entwicklung bei den jungen Eltern natürlich, vor allem. Man geht oft nur noch in die Stadt, um mal einen Kaffee zu trinken. In vielen Städten sehen die Innenstädte schon nicht mehr sehr lebendig aus. Mein Gefühl ist, dass Münster da auch etwas darauf zusteuert. Leerstände gibt es hier auch mittlerweile. Das war vor ein paar Jahren noch nicht so massiv.


Das stimmt.


Dass es anderen auch so geht, heißt zwar einerseits, dass es zum Glück nicht an mir liegt, aber andererseits heißt es dann auch, dass ich nicht wirklich etwas dagegen tun kann. Man kann nur hoffen, dass das wieder mehr ins Bewusstsein tritt.

Waltraud Haarlammert
Waltraud Haarlammert hat ihre Buchhandlung 2009 auf die Beine gestellt und ist mittlerweile „Frau Hasenstall“. In der unscheinbaren Seitengasse der Salzstraße am Servatiikirchplatz versorgt die studierte Grafikdesignerin und passionierte Buchhändlerin kleine und große Kunden mit neuem Lesestoff.

www.hasenstall-muenster.de

lllustration Thorsten Kambach / Fotos Waltraud Haarlammert

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