
Tommy Indlekofer und Tom Feuerstacke organisieren verbal ein Jugendturnier
MIT HERZBLUT UND OHNE KOMMERZ – WIE MÜNSTER EIN TOP-TURNIER AUF DIE BEINE STELLT
Was macht ein Familienvater, Sozialarbeiter und Fußballverrückter in seiner Freizeit? Richtig – er organisiert mit Herzblut ein internationales Jugendturnier, das längst kein Geheimtipp mehr ist. Tommy erzählt im Interview, wie aus einer fixen Idee ein Event mit Bundesligacharakter wurde, warum Ehrenamt manchmal ziemlich einsam ist – und weshalb er trotzdem jedes Jahr wieder mit einem breiten Grinsen am Spielfeldrand steht.
Tommy, bei uns in Münster gibt’s mittlerweile ein ziemlich renommiertes internationales Jugendfußballturnier. Wie kam es dazu, dass ein solches Event ausgerechnet in unserer beschaulichen Stadt gelandet ist?
Ja, das ist wirklich ’ne coole Geschichte. Im Trainerkreis hatten wir schon öfter das Gefühl: Aus einem unbekannten Grund gibt es kaum noch große internationale Jugendturniere – vorwiegend draußen auf dem Feld und in dem Altersbereich U12 bis U14. Früher war das mal anders, da wurde uns erzählt, dass in den 80ern unter anderem der SC Nienberge ein großes Turnier mit Teams wie AC Mailand und Ajax Amsterdam hatte. Und dann war lange nichts mehr. Da dachten wir uns: Warum nicht selbst was auf die Beine stellen? Vor allem Stefan Edelhäuser, damals U12-Trainer des SC Preußen Münster, hat da richtig viel Energie hineingesteckt. Mit unserem Partnerverein Borussia Münster haben wir dann einfach unsere Kontakte genutzt und losgelegt. Klar, das war nicht immer einfach – viel Arbeit, viel Herzblut – aber jetzt läuft das Turnier schon im dritten Jahr und ist echt top besetzt. Wir sind stolz drauf, was da entstanden ist!
Wer steckt eigentlich genau hinter dem Turnier? Ist das eine Aktion von Borussia Münster, oder macht ihr das zusammen mit Preußen Münster?
Also offiziell ist Borussia Münster der Ausrichter, aber wir machen das Ganze in enger Kooperation. Wir – das heißt die Trainer aus dem U12- bis U14-Bereich von Preußen Münster und vor allem Stephan Edelhäuser – kümmern uns vor allem um die sportlichen Abläufe, also Teilnehmerfeld, Spielplan, Unterbringung und so weiter. Das läuft alles auf ehrenamtlicher Basis, komplett ohne kommerzielle Hintergedanken. Kein großer Vermarkter – einfach ein Verein aus Münster, der was für den Nachwuchs auf die Beine stellt.
Ich war letztes Jahr da – da waren richtig gute Mannschaften dabei. Wie ist denn generell das Niveau beim Turnier?
Ziemlich hoch, offen gesagt. Wir setzen bewusst auf eine Mischung: viele NLZ-Teams, also Nachwuchsleistungszentren wie Borussia Dortmund, Schalke, Düsseldorf, Werder Bremen oder Holstein Kiel – aber eben ambitionierte Teams ohne Leistungszentrum. Das sorgt für interessante Duelle und tolle Geschichten. Und klar, wenn dann mal wie in diesem Jahr Wiesbaden kurzfristig einspringt oder Frankfurt dabei war – dann hat das schon echten Bundesligacharakter. Unser Ziel ist es, die Top-Nachwuchsteams aus NRW mit spannenden Gegnern aus dem Rest Deutschlands – und wenn möglich auch international – zusammenzubringen.
Wie bekommt ihr diese ganzen starken Mannschaften nach Münster? Ich meine, klar – Preußen Münster kennt man, aber wir sind jetzt nicht gerade das Epizentrum des deutschen Jugendfußballs wie Gelsenkirchen, Dortmund oder Köln. Was sagt ein NLZ-Trainer, wenn du plötzlich anrufst und sagst: „Hey, kommt mal zum Turnier bei Borussia Münster“?
Ja, das ist ganz unterschiedlich. Aber ich glaube, genau das macht’s auch interessant – wir sind eben nicht das x-te Turnier zwischen denselben Mannschaften im Ruhrpott. Die Trainer halten es für oft spannend, auch mal gegen Teams zu spielen, die sie sonst nicht so auf dem Zettel haben. Und dann geht’s um die Kleinigkeiten: ein gut organisierter Ablauf, Spielzeiten, die Sinn ergeben, vernünftiges Essen – klingt banal, ist aber Gold wert. Vieles läuft natürlich über unser Netzwerk, durch langjährige Kontakte. Wenn du einmal gezeigt hast, dass das Turnier rundläuft, die Organisation stimmt und alles passt – dann spricht sich das herum. Manche melden sich mittlerweile sogar von selbst.

Okay, klingt nach einem Riesenprojekt. Aber mal ehrlich – wie viele Leute wuppen das eigentlich? Ehrenamt heißt oft: „Viele Leute = zwei Leute“?
(Lacht). Genauso ist es tatsächlich. Also was den sportlichen Teil angeht – da stemmen Stefan und ich das wirklich zu zweit. Kein Witz. Das heißt: Teilnehmerfeld organisieren, Spielplan basteln, Übernachtungen klären, die ganze Koordination … alles zu zweit. Für den organisatorischen Bereich – Sponsoring, Ablauf drumherum – ist primär Jochen Klosa zuständig, unsere absolute Allzweckwaffe bei Borussia Münster. Und zum Glück bekommen wir seit Kurzem auch Unterstützung vom Förderverein des SC Preußen Münster und einzelnen Unterstützen wie Gerald von Gorissen, der uns mit Rat und Tat zur Seite steht. Denn klar: Wenn du das Turnier dauerhaft auf diesem Niveau halten willst, benötigst du mehr Leute im Boot.
Das bedeutet viel Herzblut – aber auch viel Arbeit. Was motiviert euch, euch da jedes Jahr wieder hereinzuknien?
Am Ende ist es die Begeisterung, die du auf dem Platz siehst – bei den Kindern, den Trainern, den Eltern. Du merkst einfach, wie viel das den Teams bedeutet. Und für uns ist es auch ein wenig eine Aussage: Wir zeigen, dass man mit Engagement und Teamwork auch ohne großen Kommerz ein richtig starkes, internationales Jugendturnier auf die Beine stellen kann. Klar, es ist stressig. Aber wenn du dann an einem Sommerwochenende siehst, wie hier in Münster Top-Nachwuchs aus ganz Deutschland – und manchmal sogar darüber hinaus – aufläuft, dann weißt du: Es hat sich gelohnt.
Wie finanziert ihr das Turnier eigentlich? Kommt da was von der Stadt oder läuft das komplett über Sponsoren?
Ganz ehrlich: Wir stemmen das komplett auf eigene Faust. Fördermittel von der Stadt gibt es nicht – wir machen das über Sponsoren, viel Eigeninitiative und mit ganz viel Herzblut. Natürlich wird jede Ausgabe des Turniers ein kleines Rechenexempel, aber bisher bekommen wir es immer gewuppt. Wir kommen über die Runden – auch wenn’s manchmal sportlich ist, nicht nur auf dem Platz.
Was ist für dich persönlich die größte Herausforderung bei so einem Turnier?
Ganz klar: Frühzeitig sogenannte „Headliner-Teams“ zu bekommen – also Mannschaften wie Dortmund oder Frankfurt, die Strahlkraft haben. Wenn du die an Bord hast, kommen andere starke Teams oft von selbst dazu. Und dann ist da natürlich die Zuverlässigkeit – Absagen in letzter Minute sind echt der Klassiker. Du musst flexibel bleiben, gut vernetzt sein und darfst dich von nichts aus der Ruhe bringen lassen. Dazu kommt der Turniertag selbst – da ist Multitasking pur gefragt. Wir haben zwei Tage: Samstag das Hauptturnier mit 14 Teams, Sonntag dann noch den Leistungsvergleich. Und glaub mir: Wenn die Jungs Samstag ankommen, dann geben sie direkt Vollgas. Da muss alles sitzen.
Wie viele Leute sind eigentlich bei so einem Turnier im Einsatz – oder stemmt ihr das am Ende auch nur zu zweit?
(Lacht). Nee, keine Sorge – beim eigentlichen Turnier sind wir natürlich deutlich mehr! Allein bei Borussia Münster sind rund 30 bis 40 Ehrenamtliche dabei. Die machen alles – vom Catering über den Verkauf bis hin zur Essensausgabe für die Teams. Das ist schon echt beeindruckend. Die Mannschaftsbetreuung übernehmen meistens unsere eigenen Jugendspieler – letztes Jahr unter anderem die U14 von Preußen Münster. Die laufen mit den Teams mit, helfen bei Fragen oder besorgen mal schnell eine Kiste Wasser. Und der Ablauf ist mittlerweile ziemlich digital – vieles läuft über QR-Codes, das erleichtert einiges.
Klingt schon ziemlich groß – seid ihr mit dem Turnier in der aktuellen Form am Limit, oder ist da noch Luft nach oben?
Ganz ehrlich? Aktuell sind wir ziemlich an der Belastungsgrenze. Klar, wir haben in Münster ausreichend Sportplätze und könnten theoretisch noch größer denken – wie das Turnier in Georgsmarienhütte mit ihren vier Hallen. Aber ein solcher Ausbau hängt immer an zwei Dingen: Sponsoren und helfenden Händen. Das jetzige Format mit 14 Teams ist machbar – aber wir merken schon, dass wir dafür ein eingespieltes Team benötigen. Wenn wir mal erweitern wollen, benötigen wir mehr finanzielle Unterstützung und einfach mehr Leute, die mit anpacken.

Jetzt mal ehrlich, Tommy – du bist bei Preußen Münster für den Kinder- und Jugendbereich zuständig, arbeitest als Sozialarbeiter, gehst bald ins NLZ, schreibst an Projekten zur Präventionsarbeit, und dann organisierst du auch noch dieses Riesenturnier. Und nebenbei bist du auch noch Papa. Warum tust du dir das alles an?
Weil es einfach meine Leidenschaft ist. Ganz einfach. Ich liebe es, mit und für Kinder und Jugendliche zu arbeiten – besonders im Sport. Da kannst du so viel bewegen, nicht nur auf dem Platz. Du kannst sie für Bewegung begeistern, für soziales Engagement, du kannst ihnen Werte mitgeben. Ob bei Borussia Münster, früher in Freiburg oder jetzt bei Preußen – das hat mich immer gepackt. Und ja, es ist viel. Aber ich habe das Glück, dass meine Familie das mitträgt. Ohne die ginge das alles gar nicht. Ich mache das, weil ich es liebe – und weil ich glaube, dass man über Sport richtig was bewegen kann.
Du hast das Turnier mit aufgebaut – willst du das langfristig in andere Hände geben oder bleibt das dein Herzensprojekt?
(Lacht). Also ja, ich bin ehrlich: Ich tue mich auch schwer mit dem Abgeben. Ich mag es einfach, wenn Dinge laufen – und dafür muss ich es halt oft selbst machen. Aber langfristig? Klar wäre es schön, wenn andere einsteigen und Verantwortung übernehmen. Momentan ist es schon noch mein Baby, und ich werde da sicher noch eine ganze Weile mit Herzblut dabei sein. Aber das Ziel ist schon, das Ganze so aufzustellen, dass es auch ohne mich läuft. Ein gutes Turnier erkennt man ja daran, dass es unabhängig von einzelnen Personen funktioniert.
Vergangenes Jahr hatte ich das Gefühl, es waren locker 2000 bis 3000 Leute da – und das trotz Gewitterwolken. Habt ihr mit so viel Andrang gerechnet?
Nee, also mit der Zahl nicht. Aber das zeigt, wie viel Lust auf Jugendfußball da ist – vor allem, wenn das Niveau stimmt und die Atmosphäre passt. Wir hatten echt Glück mit dem Wetter, das hat gehalten – und klar, wenn dann Dortmund, Frankfurt, Bremen und Co. ihre U14-Teams schicken, zieht das natürlich viele Leute an. Das freut uns vollkommen, und es zeigt: Du benötigst keine Riesen-Arena oder VIP-Lounge, um was Besonderes auf die Beine zu stellen. Ein guter Platz, engagierte Helfer und starke Teams – mehr braucht’s eigentlich nicht.
Tommy, du bist Familienvater, voll engagiert im Fußball – und jetzt geht’s für dich ins Nachwuchsleistungszentrum (NLZ). Wie willst du das alles unter einen Hut bringen?
Ja, das ist schon ein Spagat. Ich bin gerne Papa – also wirklich präsent – und gleichzeitig brenne ich einfach für die Arbeit im Fußball. Im NLZ werde ich mit 30 Stunden angestellt, aber wir beide wissen: Bei 30 bleibt’s selten. (lacht) Ob ich doch wieder am Spielfeldrand als Trainer stehe? Wer weiß. Der Reiz ist natürlich immer da. Aber offen gesagt, ist mein Ziel eher, Strukturen aufzubauen, Dinge anzustoßen – und sie dann auch guten Leuten zu übergeben. Wenn ich sehe, da ist jemand mit Leidenschaft und Verlässlichkeit dabei, dann kann ich auch loslassen.
Heißt das, du suchst aktiv nach Leuten, die dich mal ablösen könnten – oder zumindest Aufgaben übernehmen?
Absolut. Ich freue mich über jeden und jede, der oder die sich einbringen wollen. Das ist das große Problem im Ehrenamt heute: Es gibt immer weniger, die sich wirklich dauerhaft engagieren – gerade in den Bereichen, wo‘s nicht um Leistung oder den nächsten Profi-Vertrag geht. Ich will das nicht alles ewig allein machen, ich möchte etwas aufbauen, das auch ohne mich läuft. Aber dazu benötigt es halt Leute mit Herz und Verbindlichkeit – das ist nicht immer leicht zu finden.
Und was wünschst du dir fürs diesjährige Turnier – mal abgesehen vom Klassiker „gutes Wetter“?
Gutes Wetter wäre natürlich schon nett. (lacht) Aber am wichtigsten ist mir: Keine Verletzungen – das war zum Glück auch in den vergangenen Jahren nie ein großes Thema. Und dann wünsche ich mir einfach wieder so schöne Überraschungen wie letztes Jahr, als Bremen in der Vorrunde gegen Dortmund deutlich verloren hat – und am Ende trotzdem das Turnier gewonnen hat. Solche Wendungen sind das, was den Jugendfußball ausmacht. Dass alle eine gute Zeit haben – das ist das Wichtigste.
Wir wünschen euch ein gutes Gelingen.
Danke euch.
Tommy Indlekofer
Geboren 1981 in Freiburg, lebt er seit 2003 in Münster. Als Sozialpädagoge ist er eng mit dem Kinder- und Jugendfußball bei Preußen Münster verbunden. Neben seiner Arbeit im Nachwuchsleistungszentrum engagiert er sich ehrenamtlich für das große internationale Jugendturnier in Münster – und bringt als Familienvater Sport und soziale Projekte mit viel Herzblut zusammen.
Illustration Thorsten Kambach / Fotos Borussia Münster