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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Prinz Sascha erklärt Stephan Günther, wie man Prinz Karneval wird

PRINZ SASCHA I. HAT EINE MISSION IN MÜNSTER

Eigentlich lässt Sascha von Zabern beruflich ja Menschen gegen Geld übernachten, ein solides Geschäftsmodell eigentlich. Das könnte man bis zum Ruhestand eigentlich prima so weiterlaufen lassen. Für den einen ein super Deal, für Sascha von Zabern hingegen noch nicht erfüllend genug. Der 44-jährige Hoteldirektor hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch dem letzten Karnevalskritiker in Münster nahezubringen, was Karneval ihm persönlich, aber auch im Allgemeinen bedeutet. Wie er dies anstellen möchte und wie man Prinz Karneval wird, erzählte er uns an seinem schönen Arbeitsplatz.

Vom Hoteldirektor zum Prinz Karneval? Das musst du mir erklären, wann hast du das erste Mal im Karneval eingecheckt?


(Lacht) Tatsächlich mit Karneval in Berührung gekommen bin ich, als ich mit meiner Familie nach Obervinxt in der Schnee-Eifel gezogen bin. Dort gibt es diese kleinen, aber sehr feinen und witzigen Karnevalsumzüge. Gerade in so kleinen Dörfern geht das schon in der Grundschule los, man näht, bastelt und kostümiert sich. Das ist schon alles sehr einbindend, auch in den Familien, es werden alle mit eingeschlossen.


Ich hätte wetten können, es hat dich in den großen Hochburgen „erwischt“?


Die Geschichte geht ja auch noch weiter. Das waren ja meine ersten Kontakte, da war ich ungefähr sieben Jahre alt. Wir sind später auch mal zu größeren Umzügen nach Bad Neuenahr oder Ahrweiler und haben das Interesse weiter belebt. Als ich dann irgendwann nach Dortmund zog, bin ich mit meiner rheinländischen Stiefmutter immer zu den „Schull- un Veedelszöch“ nach Köln gefahren, für mich sind sie der Inbegriff des „Wir sind Karneval!“. Später bin ich dann auch nach Köln gezogen.


So langsam kommen wir der Sache auf die Schliche! In Köln hat es dich dann wahrscheinlich endgültig gepackt, oder?


Möchte ich nicht dementieren. (Lacht) Ich habe zuerst in Bilderstöckchen gewohnt, der Stadtteil mit dem immer noch geilsten Namen!


Ich finde Zollstock ja auch nicht so schlecht …


Ja, allerdings, der ist auch gut! Aber zurück zur Frage! Ich habe in Köln im Domhotel am Roncalliplatz gearbeitet und später gegenüber dem berühmten Gürzenich gewohnt. Also war ich immer mitten im Epizentrum des Kölner Karnevals, dem kannst du dich nicht mehr entziehen und bist komplett infiziert.


Nachvollziehbar, da bleibt nur Flucht oder Mitmachen. Hast du dich in Köln auch einer Gesellschaft angeschlossen?


Nein, ich war da nur „Mitfeiernder“. Dadurch, dass die „Kölner Ehrengarde“ bei uns im Hotel quasi ihre Residenz hatte, war man immer nah am Geschehen der Gesellschaft.


War es dann ein Kulturschock für dich, als du in Münster ankamst?


Zuerst kamen ja noch Athen und Mainz, bevor ich in Münster ankam. Nein, Köln, Mainz und Münster sind drei völlig verschiedene Arten und Weisen, wie man Karneval feiern kann. Ich habe für mich entschieden, mich auf Münster und den Münsteraner Karneval einzulassen. Das macht einen Riesenspaß.


Schön umschrieben, dennoch ist meine Wahrnehmung, dass sich der Karneval in Münster eher im Verborgenen oder in Vereinen abspielt und auch bei großen Teilen der Bürger auf wenig Interesse stößt?


Der Karneval spielt sich ja auch zu einem großen Teil in den Gesellschaften ab, Sitzungen, Treffen, Vereinsleben. Das, denke ich, ist auch ein schöner Verbund, dessen Aktivitäten sich ja nicht nur auf die Karnevalszeit beschränken. Am Aschermittwoch sind schon alle ganz heiß darauf, die nächste Session zu planen, Kostüme, Motti, Veranstaltungen. Man ist das ganze Jahr gemeinschaftlich verbunden.


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Vor Münster war noch Athen und Mainz

Wann stand für dich fest, dass du Prinz werden möchtest?


Ok, die Entscheidung wurde mir so ein Stück weit abgenommen. Untypischerweise bin ich ja in Münster zuerst dem Förderverein der Prinzengarde beigetreten. Dann kam irgendwann eine Gala der KG Freudenthal, dort war ich mit der Prinzengarde. Dort hat mich dann jemand, ganz bekloppt, dazu überredet, die Mitgliedschaft auf einem Bierdeckel zu beantragen. Was soll ich sagen, vor zwei Jahren fiel dann auf einer Busfahrt an Altweiberfastnacht mit der Prinzengarde erstmals der Satz: „Mensch, Sascha, du wärst doch auch ein guter Prinz!“.


Und du hast gesagt: „Klar, läuft, gebt mir einen Bierdeckel.“


(Lacht) So schnell ging es auch nicht. Im Bus wurden ja auch einige Getränke konsumiert und mit drei Atü auf dem Kessel triffst du so eine Entscheidung nicht, vor allem nicht, wenn es erst mal „nur“ so daher gesagt wurde …


Sondern?


Ich habe erst mal gesagt: „Kommt Jungs, darüber brauchen wir heute gar nicht zu reden.“ Aber es war nun mal ausgesprochen und hat sich bei mir festgesetzt. Am Ende habe ich intensiv nachgedacht und auch einmal in meinen Sparstrumpf geschaut, ob ich noch ein paar Penunzen erübrigen kann. Als Nächstes bin ich dann zum Generalprinzmarschall gegangen und habe meinen Hut in den Ring geworfen. Das Ergebnis der anschließenden Wahl kennen wir, sonst würden wir hier nicht sitzen. (Lacht)


Wie groß muss so ein Sparstrumpf ungefähr sein? Darf man das fragen?


Mit einer Zahl nicht so leicht zu beantworten. Es liegt auch viel am Prinzen selbst, wie er seine Session gestaltet. Ich habe mir zum Beispiel als Ziel gesetzt, den Münsteranern das „Karnevals-Gen“ wieder einzupflanzen. Dementsprechend habe ich ja das „Münster Helau!“-Buch kreiert, welches sich an Drittklässler richtet. Dafür benötige ich natürlich dann auch Geld, das müsste ich nicht machen, das ist quasi on top.


Verstehe, und dazu kommt dann der „Pflicht“-Anteil, Kleidung, Prinzenwagen und so?


Ja, so könnte man es vielleicht nennen. Um mal ein Beispiel zu nennen, mein Prinzen-Ornat. Komplett mit Mütze und allem Drum und Dran kostet es 5000 Euro.


Ich hätte fast mit mehr gerechnet, aber dennoch eine Stange Geld. Gibt’s sicher nicht von der Stange bei Karstadt?


Auf keinen Fall. (Lacht) Meins wurde in Korschenbroich für mich maßgeschneidert. Dort gibt es einen alteingesessenen Schneider, der sich darauf spezialisiert hat.


Aber noch einmal zu den Kosten. Ich dachte, es gäbe so eine Art „Mindestbetrag“, den man zahlen müsste, um überhaupt antreten zu dürfen.


Man bringt schon einen gewissen Grundanteil mit. Wenn man gar nichts gibt, dann könnte man vielleicht die Sinnhaftigkeit ein wenig infrage stellen. Also meint derjenige es wirklich ernst? Man kann sich auch Partner oder Förderer suchen, die einen finanziell unterstützen.


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Schön und gut, aber was ist, wenn der kleine Sachbearbeiter bei einer Firma auch mal der schmucke Prinz sein möchte, und dein Ornat schon ein komplettes Monatsgehalt für ihn ist? Gibt’s da Wege?


Wenn du ein starker Typ voller Karnevalslust und -liebe bist, glaube ich fest daran, dass es dann Mittel und Wege gibt, dich ins Amt zu bekommen oder dich zu supporten.


Gut, also ist Geld nicht das Fundament für den Weg zum Prinz Karneval?


Meiner Meinung nach nicht. Ein wichtiger Bestandteil auf jeden Fall, weil gewisse Sachen halt bezahlt werden wollen. Wenn jemand das aber unbedingt will, gibt es dafür aber sicher eine Lösung glaube ich.


Die Session nimmt jetzt so langsam Fahrt auf, was steht da terminlich alles an?


Am Ende der Session werden wir so um die 220 bis 250 Termine absolviert haben, die meisten davon im aktuellen Jahr noch. Dazu zählt dann jeder Auftritt, egal ob Seniorenresidenz oder Halle Münsterland.


Wie lässt sich das mit dem Berufsleben vereinbaren?


Viele Termine tummeln sich an den Wochenenden, Gott sei Dank. Trotzdem musste ich das alles im Vorfeld mit dem Arbeitgeber absprechen und in meinem Fall ist dieser sehr verständnisvoll. Auch habe ich ein wundervolles Team, welches mir stets den Rücken freihält.


Was geht dir am Karneval am meisten auf den Zwirn?


Die Vorurteile! Nicht nur in Münster, ganz generell. Wenn man auf die Frage „Karneval, was ist das?“ immer wieder Antworten erhält wie: „Wenn dicke alte weiße Männer sich die Hucke zu saufen und despektierlich über Frauen reden …“ Natürlich gibt es Halunken, die Unmut verbreiten, ihre Limits nicht kennen, übergriffig werden. Das sind leider Randerscheinungen, die es gibt und die im Kopf bleiben und Vorurteile nähren. Dabei ist Karneval so viel mehr! Karneval ist gute Laune, Fröhlichkeit, Offenheit und vor allem Gemeinschaft und Ehrenamt!


Vielen Dank für die offenen Worte und das nette Gespräch, Sascha! Natürlich gebietet es das Protokoll, einem Prinzen das letzte Wort zu gewähren. Eure Tollität, bitte schön:


Wenn ihr bisher nicht karnevalistisch unterwegs seid, erlaubt euch selbst die Möglichkeit, es mal kennenzulernen. Lasst euch darauf ein, schaut es euch an und gebt dem Karneval die Chance, dass er euch vielleicht berühren kann, dass er euch bewegt, und wenn ihr Lust habt, ihr dann zum Beispiel in ein Tanzcorps oder eine Gesellschaft eintretet. Gebt dem Karneval eine Chance!


Sascha von Zabern
Er ist jecke 44 Jahre alt und darf seit sechs Jahren als Hoteldirektor das ATLANTIC Hotel in Münster leiten. Vorher führte sein Beruf im Hotelgewerbe bereits nach Köln und sogar Athen. Privat hat er zwei Söhne und ist Vollblutkarnevalist in der KG Freudenthal.

lllustration Thorsten Kambach / Fotos Pressefotos

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