Tom Feuerstacke und Sascha von Zabern besprechen die Direktion eines Hotels
JEDE IDEE IST BESSER ALS KEINE
Jeder von uns nutzt sie. Die Hotels der Städte, die man bereist. Angepasst an den Geldbeutel sucht man sich was Schönes und nicht selten findet man etwas Besonderes. Das den Aufenthalt noch großartiger macht, als er ohnehin schon ist. Manchmal ist das Hotel aber auch nur die Möglichkeit zu nächtigen. Nicht mehr und nicht weniger. Spannend wir das Ganze, wenn ein Hotel mehr als nur Zimmer hat, eine Eventlocation mit besonderem Charakter ist. Das Restaurant, das man nicht einfach an der Ecke findet. Geschäftsleute hier einen Rückzugsort haben und eine Skybar zum Verweilen lädt. Da braucht es einen, der alles miteinander verbindet.
Sascha. Wohnt in der obersten Etage deines Hotels Udo Lindenberg?
(Lacht) Leider nicht. Das Atlantic Hotel in Münster ist mit dem Hotel in Hamburg nur vom Namen her verwandt.
Ich hätte gedacht, dass das ein Unternehmen ist und der Name geschützt wäre.
Es sind zwei völlig verschiedenen Unternehmen. Der Name ist auch nicht geschützt. Es gibt ja noch die Pfütze zwischen Europa und Amerika. Auch du könntest jetzt ein Hotel eröffnen und es wie unseres nennen. Es würde dann allerdings nicht zur Gruppe Atlantic Hotels gehören.
Ich war einige Male im Atlantic. Schönes Haus. Leckere Küche, spitzen Kaffeespezialitäten und unglaubliche Drinks mit einem atemberaubenden Ausblick. Man könnte sagen, dass es ein nobler Schuppen im Herzen von Münster ist?
Ich würde unser Haus eher ein Hotel für jedermann nennen. Wir haben Platz für den Studenten, der bei uns bei einer Tasse Kaffee in der Co-Working-Station arbeiten kann. Sicherlich bieten wir in der Skybar keinen Coktail-To-Go für drei Euro an. Wir sagen, dass die Produkte, mit denen wir arbeiten, einen gewissen Wert haben. Und diesen Wert tragen wir weiter. Man hat eine gewisse Erwartungshaltung an uns als Vier-Sterne-Plus-Hotel. Dem müssen wir Rechnung tragen. Guter Service und gute Produkte haben ihren Preis. Das ist richtig und wichtig so. Aber wir schließen niemanden aus. Wenn du nur einen Gang isst, weil du dir nicht mehr leisten möchtest, bist du herzlich willkommen.
Okay. Aber ein Vier-Sterne-Plus-Hotel ist schon mit dieser Bewertung im oberen Segment angesiedelt. Und wenn wir nicht von einem noblen Schuppen reden wollen, so seid ihr doch ein High-Class-Hotel im Herzen von Münster?
Ja. Wir definieren uns aber darüber, dass wir uns ein Full-Service-Hotel nennen. Das ist die Tatsache, die unseren Weg am Ende kostenintensiver macht. Wir werden dementsprechend andere Preise aufrufen können und müssen als zum Beispiel ein Haus mit Bed & Breakfast. Da wir alles anbieten, ist es in unserer Stadt eine neue Heimat für Münsteraner und ihre Gäste.
Euer Hotel hat nun einige Sterne und ein Plus dabei. Wie lange wird es dauern, bis euer Restaurant einen eigenen Stern tragen wird?
Das ist tatsächlich nicht geplant. Ein solcher Stern bringt zusätzliche Verpflichtungen mit sich. Außerdem würden wir die Preise anheben müssen, weil man mit den Produkten noch spezieller umgehen muss. Man darf eines nicht vergessen: Die Restaurants, die einen Stern haben oder hatten in Münster, sind reine Restaurants. Wir sind ein Hotelrestaurant. Dieses wird glücklicherweise super von den Münsteranern angenommen. Man muss dabei berücksichtigen, dass du bei uns deine Speisen und Getränke von der normalen Karte bekommst, während nebenan ein Geburtstag sitzt, der sich für seine Gäste ein extra Menü ausgesucht hat. Und im Raum gegenüber ist eine Tagung, die nur eine Vorspeisenplatte bestellt hat. Das geht hier alles aus einer Küche raus.
Sascha. Wir kennen den Schuldirektor. Die einen mehr oder weniger. Je nach dem Benehmen. Es gibt den Klinikdirektor und den Zylinder tragenden Zirkusdirektor. Was aber macht ein Hoteldirektor?
Er kümmert sich darum, dass der Laden zusammengehalten wird. Das ist somit meine Aufgabe. Ich spiele die Klaviatur, die diese Vielzahl von Mitarbeitern und die Aufgaben eines so großen Hauses mit sich bringen.
Das Atlantic Hotel ist ein Hotel für jedermann
Ihr seid ein Hotel mit einer supermodernen Architektur. Die Einrichtung und Ausstattung sind hip. Alles wirkt völlig innovativ. Hier erwartet man alles außer einen Direktor. Wieso gibt es in eurem Gewerbe noch diesen konservativen Begriff für den Manager?
Hotellerie, Gastronomie und Restauration waren Anfang des 19. Jahrhundert etwas irre Tolles. Während wir heute plump vom Kellner sprechen, waren die Servicemitarbeiter früher die Commis de Rang. Maître d’hôtel. Solche Namen und Titel hatten wir früher. Essen gehen konnten die meisten sich nicht leisten. Die Mitarbeiter von Hotels waren damals in der gehobenen Mittelschicht angesehen. Somit warst du eine große Nummer. Da nun Essen gehen und im Hotel übernachten für alle zugänglich sind, haben sich die Begrifflichkeiten der Mitarbeiter reduziert. Ich persönlich finde das schade, weil ich die Namen eigentlich gut finde. Sie sagen was aus, denn Teller rausbringen kann jeder, guten Service musst du lernen.
Was hast du ursprünglich gelernt, dass du heute der Chef eines Hotels bist. Und wie ich bis jetzt erfahren durfte, nicht irgendeines Hotels?
Ich habe ganz klassisch nach der Schule meine Hotelfachausbildung gemacht…
…so ganz klassisch. Betten machen, Badezimmer schrubben und Kaffee kochen?
Alles ganz klassisch gelernt. Wenn mir Leute heute erzählen, dass ich nicht weiß, worum es geht im Hotel. Ich kann dann sagen, dass ich es doch weiß. Ich habe knietief festgesteckt, worin auch immer. Musste putzen und Teller durch die Gegend tragen. All das habe ich gelernt und weiß genau, worum es geht.
Du könntest wirklich in allen Bereichen noch zupacken, wenn es personell mal eng würde?
Mit ein wenig Anlauf würde das sicherlich noch funktionieren.
Um ein Hotel dieser Größenordnung zu leiten, reicht aber keine Ausbildung mit Berufserfahrung?
Ich habe eine Art duale Ausbildung gemacht. Am Ende bekommst du dann einen Bachelor. Du musst neben dem Fachlichen den Umgang mit Steuerfragen, Personal und sonstigem Administrativen lernen. Das passiert in diesem dualen Weg.
Sascha. Ihr habt völlige crazy Arbeitszeiten. Müsst zupacken können und seid immer im Zentrum des Feuers. Wie kommt man als junger Mensch darauf, Hotelfachmann zu werden?
Ich hatte das Glück, dass meine Eltern mich immer wieder mal im Urlaub in Hotels mitgenommen haben. Und ich fand es total spannend, was da um mich herum passierte. In der Schule kam der Zeitpunkt, wo das Praktikum anstand und mir war klar, ich möchte meins im Hotel machen. Danach war ich total angefixt. Das war eine unglaubliche neue spannende Welt für mich. Seitdem wusste ich, dass es das ist. Wir haben bekloppte Arbeitszeiten. Aber eigentlich halten wir gerne dafür her, wenn es um Arbeitszeiten geht. Aber in Krankenhäusern, bei der Polizei oder der Feuerwehr sind die Zeiten oftmals viel bekloppter. Es gibt so viele Berufe, die ich aufzählen könnte. Aber wenn du sonntags dein Stück Kuchen isst, siehst du uns. Die Mitarbeiter in der Kläranlage siehst du sonntags halt nicht.
Wir hatten im Vorgespräch über deine Stationen gesprochen. Da waren schon einige Knaller dabei. Aber das Atlantic ist jetzt schon der Hammer. Wie bewertest du das?
Das, was wir bisher hier im Atlantic aufgestellt haben, kann ich schon als intensivste Zeit bezeichnen. Fast alle Stationen, die ich erleben durfte, waren was Besonderes und haben Megaspaß gemacht. Aber jetzt hier ist schon etwas ganz Besonders. Wobei die Zeit in der Westfalenhalle während meiner Ausbildung war schon geil. Rod Stewart oder die Spice Girls während der Arbeit erleben zu dürfen, war schon unglaublich.
Ihr seid als Hotel sehr präsent in der Stadt. In den sozialen Medien kommt man an euch nicht vorbei. Wie ist deine Einschätzung. Wo steht ihr jetzt und wo wollt ihr noch hin?
Wir sind in schwierigen Zeiten gestartet. November 2021 gab es wieder Coronabeschränkungen, die bis März anhielten, und im Februar letzten Jahres brach ein Krieg in Europa aus. Es war eine sehr wilde Zeit. Wie du richtig sagst, sind wir in der Stadt gut angekommen. Der Münsteraner kennt uns. Das macht uns glücklich. Wir freuen uns weiterhin, die Bürger der Stadt und ihre Gäste bei uns begrüßen zu dürfen. Wir freuen uns auf Jubiläen, Hochzeiten und auf Menschen, die einfach nur eine gute Zeit verleben wollen.
Wir freuen uns auf Menschen, die einfach eine gute Zeit erleben möchten
Ihr habt so vieles, was bei euch gefeiert wird. Aber etwas ganz Neues im Zusammenhang mit einem Hotel war ein Plattenrelease, der im Atlantic stattfand. Wie kam es zu so einer neuartigen Idee?
Es ist mir wichtig, der münsteraner Kunst- und Kulturszene eine weitere neue Heimat zu bieten. Das Ganze mit sehr günstigen Raummieten, um dieser Szene zu helfen, weiter auf sich aufmerksam zu machen; den Kulturschaffenden eine weitere Spielwiese zu bieten. Einfach nur auf uns zukommen und erzählen, welche Idee man hat. Vielleicht ergibt sich daraus dann eine gemeinschaftliche Arbeit, die für alle spannend ist. Wie bei den beiden Damen mit der CD.
Was habt ihr noch so vor. Wie ich dich kennengelernt habe, gibt es „Ruhen“ nicht. Darfst du etwas spoilern?
Am 17.03.2023 ist der nächste Disco-Dance.
Was gibt es, bitte?
Wir nennen das ein wenig salopp den Ü40-Disco-Dance. Die jungen Generationen haben ihre Läden. Ich als alter Mann möchte auch etwas abzappeln, ohne dass mich wer anmacht oder ich mich als alter Sack fühle. Deswegen haben wir bei uns den Disco-Dance.
Du hast vermutlich einen 400-Stunden-Monat. Wann fallen dir solche Ideen ein?
Überall und nirgends. Es sind allerdings nicht nur meine Ideen. Es sind auch Ideen, die die Mitarbeiter in Gespräche mitbringen.
Die Mitarbeiter sind mit eingebunden in die Ideenfindung?
Ja klar. Jede Idee ist besser als keine. Und daraus entstehen unsere Events.
Geil. Wir sehen uns auf dem nächsten Disco-Dance. Ach ja. Würdest du Harald Schmidt aka. Oskar Schifferle als Stellvertreter für dich einstellen?
(Lacht) Gerne, sofort.
Sascha von Zabern
Der 1980 geborene Hoteldirektor des Atlantic in Münster ist nicht nur einer der Sprecher der Initiative Starke Innenstadt. Er ist bekennender Karnevalist. Als glühender Fan brüllt er unsere Preußen und den BVB zum Sieg.
llustration Thorsten Kambach / Fotos Armin Zedler