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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Miss Raven bittet Stephan Günther zum Talk ins SM-Studio

MÜNSTER MIT SCHMERZ

Das Geschäft mit Sex, Erotik und allen dazugehörigen Spielarten ist ein großes Thema. Immer häufiger in aller Munde, und dennoch birgt es viele Geheimnisse. Nicht überall wird bei Blümchensex gekuschelt. Manche mögen es etwas härter oder bizarrer. Für Erlebnisse dieser Art bieten Dominas ihre Dienste an. Auch im vermeintlich braven Münster gibt es dafür durchaus Bedarf. Aber was genau treibt eine Domina eigentlich? Wir blicken hinter die Kulissen und sprachen mit der wundervollen Miss Raven über ihren doch recht außergewöhnlichen Job.

Wir wird man Domina?


Gute Frage… Die Freundinnen einer Freundin haben in dem Bereich gearbeitet und sie erzählte halt immer, was die so machen. Ich fand das recht spannend, habe mich dann aber jahrelang gar nicht mehr damit befasst. Irgendwann habe ich mir dann mal Gedanken gemacht und festgestellt, dass ich einfach nicht in dieses normale Arbeitssystem reinpasse und mir überlegt, was ich da machen kann.


Dann bist du Domina geworden?


Nicht direkt. Ich habe halt weiter überlegt, wo meine Stärken, aber auch meine Schwächen sind. Vor allem aber, was passt gar nicht in mein normales Leben. In dieser Zeit habe ich viele Podcasts gehört und bin dabei zufällig auf den Podcast einer Domina gestoßen. Diese Dame hatte aber nicht nur einen Podcast, sondern sie bietet auch Workshops an und bildet aus. Kurz gesagt: Ich habe dann bei ihr die Ausbildung in der „Mistress Academy“ begonnen. So bin ich Domina geworden, relativ blauäugig eigentlich. Ich wusste ja noch gar nicht, ob das wirklich was für mich ist. Das hat sich erst im letzten Jahr herauskristallisiert. Und ich muss sagen: Jackpot!


Wie alt bist du jetzt und wie lange machst du das jetzt schon?


Ich bin 33 Jahre und mache das jetzt seit Februar 2022, da habe ich die Ausbildung angefangen.


Du erzähltest, du hast auch schon im Bordell gearbeitet, was genau ist es eigentlich, was du machst?


Richtig, ich bin eine reine Domina. Ich biete keinen Geschlechtsverkehr an, also keine sexuellen Sachen bei oder an mir. Im Bordell habe ich tatsächlich gearbeitet, allerdings im Keller, im SM-Bereich. Das war ganz praktisch, weil ich mit den anderen Damen zusammenarbeiten konnte, die dann natürlich, quasi für mich, Geschlechtsverkehr mit dem Gast hatten.


Aber im Bordell bist du jetzt nicht mehr?


Ne, nicht mehr. Ich reise mittlerweile mehr, versuche in verschiedenen Städten ein bisschen was anzufangen. Ich gehe auch häufig privat los, also ohne dass man in einem Studio ist.


Was hast du denn vorher gemacht, hattest du da ein normales Berufsleben?


Ich habe jetzt keine klassische Berufsausbildung, ich bin von der Schule aus quasi direkt in die Pflege gegangen, was ich auch jetzt noch teils mache.


Ist ja im Grunde dasselbe!


(Lacht) Ja, fast. Das kann man manchmal praktisch miteinander verbinden… Aber im Ernst, Pflege ist gut und schön, aber auch ein knochenharter Job. Man sieht auch viele Sachen, die nicht so schön sind. Naja, ich habe beruflich halt alles Mögliche ausprobiert, es war aber nie etwas dabei, von dem ich gesagt hätte, dass es in einem halben Jahr oder Jahr noch Spaß machen würde.


Die Arbeit als Domina aber offensichtlich schon!


Genau, da muss ich ganz ehrlich sagen, da habe ich immer noch Bock drauf und es macht mir riesigen Spaß.


Wann oder wie hast du festgestellt, dass du sadistische Neigungen hast? Das ist ja kein alltäglicher Job, da muss man ja eine Veranlagung haben, oder?


(Lacht) Ich habe immer schon gerne Leute rumkommandiert in meinem Leben. Ich bin wirklich leidenschaftliche Sadistin. Das hat sich aber erst wirklich gezeigt, als ich dann Menschen vor mir hatte, die ich wirklich sehr, sehr stark habe verprügeln müssen. Denen habe ich krasse Schmerzen zugefügt. Tatsächlich fiel mir das aber anfangs gar nicht so leicht.

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Schlachtungen sind nichts für Ekki

Man muss sich ja an alles immer erst gewöhnen!


Allerdings, ich habe den Leuten dann am Anfang immer eine Maske aufgesetzt und zugesehen, dass die mich ja nicht anschauen. Aber dann, drauf! Da habe ich dann gemerkt, dass das total mein Ding ist.


Hilft der Job im Alltag bei der Frustbewältigung?


Ja, voll! Ich bin total nett seitdem, pöble auf der Straße niemanden mehr an, sondern bin höflich. Selbst wenn mir einer schräg kommt, denke ich nur noch: „Soll ich dich mal in den Arm nehmen, das tut mir leid für dich!“ (lacht)


Cool, vielleicht sollte ich sowas auch machen… Aber ist das wirklich so?


Wirklich! Ich habe mal im Callcenter gearbeitet, da sind mir die Leute so derbe auf die Nerven gegangen. Ich bin nach Hause gegangen, war so gestresst und genervt, da musste mir nur die Kassiererin im Supermarkt blöd kommen und ich habe eine Krise bekommen. Das habe ich gar nicht mehr, ich bin total ausgeglichen.


Was für Menschen kommen zu dir?


Da ist alles dabei, von „Zeig mir mal bitte deinen Ausweis, damit ich mich nicht strafbar mache!“, bis hin zu „Oh mein Gott, geht das ohne Krankenwagen gut?“.


So groß ist die Range?


Ja, wirklich, mein jüngster Kunde war gerade einmal 20, da habe ich mir wirklich den Ausweis zeigen lassen. Manch einer fängt früh an.


Wahnsinn, ich hätte mich das mit 20 nicht getraut. Ich würde mich selbst heute nicht trauen!


Ich könnte das aber auch nicht. Irgendwo hingehen und Sex mit einem Callboy haben.


Gibt es so Durchschnittskunden? Also an den Wünschen gemessen?


Ja, Fifty Shades of Grey! (lacht)


Nie gesehen...


Männer, die sich einfach mal fallen lassen, loslassen wollen. Die möchten dann so Fixierungsspiele, die Augen verbunden bekommen. Die möchten dieses Erotische mit einer wunderschönen Frau. Das gibt es alles, es ist ja fast wie in einem Katalog, Dominas gibt es von bis… Fußfetisch ist auch so ein Klassiker, da kommen meist Männer, die das bei ihren Frauen oder Freundinnen nicht ansprechen oder einfordern wollen/können, oder Single-Menschen. Das ganz Klassische gibt es aber auch. Sich am Andreaskreuz fixieren und die Augen verbinden lassen, um dann mal gewisse Schlaginstrumente auszuprobieren.


Was ist denn das Extremste, was so gewünscht wird, oder was du anbietest?


Da gibt es ganz verrückte Sachen, Dirty Games zum Beispiel. Das sind dann Spiele mit Fäkalien, Erbrochenem oder Pipi. Auch Atemreduktion ist schon etwas extrem. Da taste ich mich gerade eher langsam ran. Da muss man höllisch aufpassen und es gehört auch eine Menge Empathie dazu, damit wirklich nichts schiefgeht. Ich mache auch Schlachtungen!


Schlachtungen? Das hört sich aber schon ziemlich heftig an!


Da bekommen die Leute dann eine Schweinemaske auf und kommen in einen Stall, wo ich sie noch ein wenig mäste. Dann ziehe ich die an einem kleinen Strick aus dem Stall raus und „erhänge“ sie, dabei trage ich natürlich auch Gummistiefel und -schürze. Ich finde das so absurd und bescheuert, dass es mir vielleicht genau deswegen unglaublich viel Spaß macht. Das fühlt sich dann für die Leute schon ziemlich real an. Sie werden am Flaschenzug hochgezogen und tragen gegebenenfalls einen Sack über dem Kopf. Ich nutze auch Kunstblut, das dann den Hals hinunterläuft, und echte Messer – natürlich nur die stumpfe Seite. Und das, obwohl ich selbst Veganerin bin!


Respekt, das sind Dinge, die würden mir im Traum nicht einfallen!


Ja, das sind schon verrückte Sachen. Genauso, wie jemanden eine ganze Stunde lang mit Rohrstock und allen möglichen Instrumenten einfach nur tüchtig zu verhauen. Die gehen dann teils blutig aus der Sache raus.

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Im Gespräch mit der reiselustigen Miss Raven

Ungünstig, wenn man verheiratet ist.


Ja, viele kommen und lassen extra den Ehering dran und sagen: „Bitte keine Spuren.“ Wenig Spuren gibt es beim „Nadeln“, also Nadeln durch Brustwarzen, Penis oder Hoden zum Beispiel.


Sowas machst du auch?


Ja klar, das sind dann so Klinik-Fetischspiele.


Darf man sowas überhaupt?


Ja, man darf das, auch wenn es manchmal grenzwertige Sachen sind. Dafür gibt es halt Workshops und Lehrgänge, die ich gemacht habe. Auch wie man Katheter legt. Das will alles gelernt sein. Man muss ja aufpassen, dass man keine Gefäße verletzt, oder muss wissen, wo genau man hinschlagen kann. Es wäre zum Beispiel ungünstig, wenn ich jemandem eine Stunde mit dem Rohrstock auf die Niere schlage.


Das sind mal Einblicke! Wissen eigentlich Eltern, Freunde und Verwandte, was du da machst?


Ja, die meisten wissen das. Der Rest erfährt es jetzt von Dir! (Lacht) Aber im Ernst, meine Eltern und die meisten wissen Bescheid, welchen Weg ich eingeschlagen habe, vielleicht nur nicht bis ins letzte Detail. Ein Teil meiner Familie weiß es nicht, aber eher, weil ich sie davor „schützen“ will.


Waren die von Anfang an involviert, oder erst später?


Ich habe das ja lange nur halb, also nebenher gemacht und gar nicht so richtig Vollzeit. Als ich aber anfing, in Studios zu arbeiten und das täglich zu machen, habe ich alle informiert. Die fanden das auch vollkommen in Ordnung. Das wurde auch mit viel Humor aufgenommen. Als ich irgendwann mit meiner Mutter bei meiner Oma war und dort noch ganz oldschool ein Teppich ausgeklopft wurde, fragte sie nur, ob ich den Teppichklopfer noch gebrauchen kann, oder nicht mal einen Kerl zum Putzen vorbeischicken kann. (Lacht)


Raven, vielen Dank für die Einblicke und dieses heitere Interview!

Miss Raven
Sie wurde im Februar 1990 im beschaulichen Dernbach im Westerwald geboren. Nachdem sie 2008 ihre Schulkarriere beendete, arbeitete sie in verschiedenen Bereichen der Pflege oder hinter den Tresen der Stadt. Wenn sie heutzutage nicht gerade beruflich Leute verhaut, findet man sie häufig in der Natur, gerne auch hoch zu Ross.

llustration Thorsten Kambach / Fotos Armin Zedler

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