Maximilian Schulze Niehues und Tom sprechen über eine lange und erfolgreiche Karriere als Torwart.
FUßBALLGOTT
Es gab Zeiten, in denen es nicht so lief, wie erhofft. Aber er hat sich immer wieder motiviert und nicht aufgegeben. Selbst als ein neuer Torwart von Bayern München plötzlich im Rampenlicht stand, hat er den Wettkampf um die Nummer Eins des Teams angenommen und sich zurück in das Tor gekämpft. Er hätte dutzende Male aufgeben und sich sagen können, dass sein Lehramtsstudium abgeschlossen ist und andere Pläne verfolgen kann. Weshalb also dieser Stress mit dem Weitermachen? Aber seine Leidenschaft für Fußball ist einfach unbestritten. Es ist das, worin er so viel Zeit und Mühe investiert hat; es ist ein wichtiger Teil seines Lebens. Daher hat er sich nie wirklich die Frage gestellt, ob es sich lohnt. Für ihn war es immer spannend, und deshalb wurde diese Frage nie relevant. Er krönt das Ende seiner Karriere mit dem lang ersehnten Aufstieg in die zweite Liga.
Maximilian. Soweit ich es richtig sehe und wir keine Überraschung erleben, bist du genau genommen nach dem kommenden Spiel ein Profi-Rentner. Was machst du in den nächsten drei Tagen?
Ich bemühe mich, den Fokus auf das Spiel zu legen, da es so bedeutsam ist. Ich versuche, dies wie eine normale Trainingswoche während der laufenden Saison zu betrachten, ohne zu viel darüber nachzudenken, was danach kommen oder was möglicherweise nach dem Schlusspfiff passieren könnte. Es fällt mir schwer, das emotional zu betrachten, aber ich versuche, diese möglicherweise letzten Trainingseinheiten auszublenden und mich auf die wichtige Aufgabe zu konzentrieren, die am Wochenende bevorsteht.
In der Rückrunde hast du relativ früh angekündigt, dass du aufhören wirst. Wann genau ist dieser Entschluss in dir gereift? Wann hast du dir gesagt: „Das war’s“?
Es handelte sich nicht um einen entscheidenden Moment, sondern um einen Prozess. Nach unserem Aufstieg im vergangenen Jahr war mir bewusst, dass mein Vertrag noch ein Jahr lief. Also begann ich, mich langsam Gedanken darüber zu machen, wie es danach weitergeht. Ich habe mich sehr intensiv mit Optionen auseinandergesetzt. Ich wollte herausfinden, was ich gerne tun möchte und was sich für mich am besten anfühlt. In der Winterpause, genauer gesagt nach der Winterpause, plante ich, in der Rückrunde noch einige Spiele zu absolvieren. Schließlich trafen meine Frau und ich zusammen die Entscheidung und verkündeten sie dann auch relativ schnell intern.
Wie sehr ist deine Frau darüber erfreut, dass sie dich bald stets an ihrer Seite haben wird?
(Lacht) Dies wird man dann sehen. Aber aktuell freut sie sich auf jeden Fall sehr auf die gemeinsamen Wochenenden.
In Anbetracht eines Aufstiegs könnte der Abschied zu einem weinenden Auge führen?
Es wird auf jeden Fall ein weinendes Auge geben, wenn der Schlusspfiff ertönt. Als ich kürzlich mit meinem Berater sprach, wurde das Thema aufgegriffen, obwohl es zuvor während der Winterpause noch weit weg schien. Trotz allem habe ich mich intensiv mit der Möglichkeit eines Aufstiegs auseinandergesetzt und bin dennoch sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.
Du hast ein Lehramtsstudium in Sport und Geschichte erfolgreich abgeschlossen und gehst ins Referendariat. Spielten eine mögliche Verbeamtung und Altersgrenzen eine Rolle bei deiner Entscheidung?
Doch klar, das hat definitiv eine Rolle gespielt, weil ich natürlich auch anstrebe, als Lehrer verbeamtet zu werden. Ich hatte die Altersgrenze natürlich auch im Blick oder besser gesagt, im Hinterkopf.
Nach über 400 Spielen als Profi. Worauf freust du dich am meisten nach deiner aktiven Zeit?
Ich freue mich darauf, endlich wieder am Wochenende etwas unternehmen zu können. Endlich können wir auch Kurztrips unternehmen. Es ist schwierig zu schätzen, wie viele Hochzeiten ich verpasst habe, da ich jedes Wochenende Spiele hatte. Ich freue mich auf die Zeit, die ich mit meiner
Ich hatte die Altersgrenze natürlich auch im Blick
Was wird dir wahrscheinlich am meisten fehlen, wenn deine Zeit im Fußball vorbei ist, obwohl dein Leben stark vom Sport geprägt war und wenig Raum für persönliche Dinge bot?
Natürlich werde ich die Gemeinschaft in der Umkleidekabine vermissen. Aber ich werde auch das tägliche Training auf dem Platz vermissen. Ich genieße es einfach, dort zu stehen und zu üben. Ich werde auch die Spiele vor Publikum und die damit verbundenen Emotionen vermissen. Trotz der Spannung, die vor dem Spiel besteht, ist es ein unglaubliches Gefühl.
Du bist ein sehr sachlicher und zurückhaltender Mensch. Auf dem Platz bist du ein Ruhepol. Das ist man von Torwarten nicht selten anders gewohnt. Du wirkst wiederum vollkommen organisiert. War das für dich und deine Kariere von Vorteil?
(Lacht) das ist eine interessante Frage. In der frühen Phase meiner Karriere wurde mir das oft negativ ausgelegt, da man dachte, ein Torhüter müsse leidenschaftlicher sein, herumbrüllen und die Spieler antreiben. Doch diese Ansicht halte ich für Unsinn. Die Rolle eines Torwarts bringt eine enorme Verantwortung mit sich. Ich glaube, dass ich das einigermaßen gut gemeistert habe.
Angesichts der über 400 Spiele, die du bereits absolviert hast, davon die meisten bei unseren Preußen hier in Münster, wie würdest du deine Zeit bei Fortuna Düsseldorf einordnen?
Die drei Jahre waren für mich eine wichtige Erfahrung. Ohne meine Zeit in Düsseldorf wäre es mir wohl nicht möglich gewesen, solange im Profifußball zu bleiben. Vermutlich auch nicht bei Preußen. Diese Jahre waren von unschätzbarem Wert, in denen ich enorm viel gelernt und wertvolle Erfahrungen gesammelt habe. Ich habe mich sowohl persönlich als auch sportlich weiterentwickelt, indem ich in der Regionalliga spielte und mehrmals als Teil der ersten Mannschaft auf der Bank in der 2. Liga saß. Es war eine intensive Zeit, aber sie hat mich enorm geprägt.
War es damals eine bewusste Entscheidung von dir, nach Münster zurückzukehren oder gab es andere interessante Angebote?
Also, eigentlich war es nicht geplant. Es gab Kontakte nach dem Spiel Düsseldorf gegen Preußen Münster. Die Verantwortlichen damals sagten: Okay, du könntest wieder interessant für uns sein, auch weil du die U23-Regel noch erfüllst usw. Das führte zu weiteren Gesprächen. Ich war im Kopf bereits hier, aber dann entschied sich der Verein anders und holte Daniel Masuch als klare Nummer Eins. Mir war klar, dass ich Düsseldorf verlassen würde. Viele Dinge liefen in diesem Transferfenster nicht, wie erwartet, also schrieb ich mich sicherheitshalber für ein Lehramtsstudium in Münster ein.
… klassischer doppelter Boden …
… genau. Wenn ich keinen neuen Verein finden würde, kehre ich nach Münster zurück und studiere und spiele in einer unteren Liga Fußball. Das war Plan B. Und tatsächlich war ich dann noch vereinslos, als die Saison schon begonnen hatte. Es sickerte durch, dass ich mich in Münster für ein Studium eingeschrieben hatte und Carsten Gockel wurde auf mich aufmerksam. Wir waren aufgrund der vorherigen Gespräche immer noch in Kontakt. Er fragte erneut, wie es aussieht. Preußen benötigte immer noch U23-Spieler. Er hatte gehört, dass ich in Münster studieren wolle, wenn ich keinen neuen Verein finden würde. Wir suchten nach einer Lösung, um alles zusammenzuführen, und machten tatsächlich einen Deal. Ich konnte wieder nach Münster kommen, hier studieren und trotzdem in der dritten Liga spielen. Und so kam der Wechsel wirklich wieder zustande.
Es sickerte durch, dass ich mich für ein Studium eingeschrieben habe
Was ist das Schlimmste, das du während deiner Fußballkarriere erlebt hast?
Die Niederlage gegen Bayern im Pokal kann es ja nicht sein. (Lacht) Stimmt. Die Geburt meiner Tochter an dem Tag war das schönste Erlebnis. Aber das schlimmste Erlebnis. Nun, definitiv der Abstieg mit Preußen in die Regionalliga. Da gab es auch noch mein Spiel gegen Stuttgart 2 in meiner ersten Drittliga-Saison hier in Münster. Da ist mir ein wirklich dummer Fehler unterlaufen, der mich damals sehr beschäftigt hat. Es gehört einfach dazu, aber damals hat mich dieses Gegentor wirklich belastet.
Was war dein schönstes Erlebnis im Fußball, abgesehen von familiären Ereignissen?
Definitiv der Aufstieg im vergangenen Sommer. Das muss ich sagen, das war echt ein besonderer Moment. Es gab natürlich auch viele andere positive Momente. Ich erinnere mich etwa an einen Sieg gegen Werder Bremen im DFB-Pokal, obwohl ich nicht gespielt habe. Aber der Aufstieg war wirklich der Höhepunkt.
Eventuell kommt noch der Aufstieg in die 2. Bundesliga dazu. Was war der schwierigste Spieler, gegen den du halten musstest? Nicht nur fußballerisch, sondern auch menschlich. Gibt es jemanden, der dich besonders genervt hat, der aus allen Lagen schießen konnte und dich als Torwart an deine Grenzen gebracht hat?
Ich kann keinen bestimmten Spieler nennen, der mich besonders herausgefordert hat.
Kannst du dich an einen Mitspieler erinnern, bei dem du dachtest: Wow, es war großartig, ihn zu treffen? Man trifft zwar viele großartige Spieler, aber es gibt immer diese einen besonderen?
Es fällt mir schwer, nur einen herauszupicken. In meiner Karriere durfte ich so viele fantastische Typen und talentierte Fußballer kennenlernen. Aber ich kann ein paar nennen. Ich erinnere mich unter anderem an die Zeit bei Preußen mit Ansgar Brinkmann. Das war wirklich eine Besonderheit. Als Jugendspieler kannte ich ihn nur aus dem Fernsehen, und plötzlich stand er neben mir auf dem Trainingsplatz. Das war schon etwas Besonderes. In Düsseldorf habe ich mit Olli Fink zusammenspielen dürfen. Olli mit seiner Spielweise und seiner freundlichen Art hat mich beeindruckt. Amaury Bischoff hier in Münster brachte eine technische Raffinesse ins Spiel, die ich so bisher nicht gesehen hatte. Auch Mehmet Kara, mit dem ich in meiner ersten Saison bei den Senioren bei Preußen in der Kabine nebeneinandersaß, hat mich geprägt. Er hat sich um mich gekümmert, wir haben lange zusammengespielt und stehen immer noch in Kontakt. Aber am Ende gibt es so viele Spieler. Wir säßen ewig hier, wenn ich alle aufzählen würde.
Maximilian. Ecke oder Flanke aus dem Halbfeld?
Also, mittlerweile tendiere ich eher zur Ecke. Ich habe ein gutes Gespür dafür entwickelt, was ich in der Luft leisten kann. Ecken bieten auch eine echte Möglichkeit, sich ordentlich Respekt zu verschaffen.
Elfmeter oder Freistoß aus 20 Metern?
Da wähle ich den Elfmeter. Da kannst du als Torwart nur glänzen.
Danke für das Gespräch. Als Fußballfan danke ich dir für alles, was du für unseren Verein Preußen Münster geleistet hast. Genieße die Zeit mit deiner Familie. Und wie ich hörte, bleibst du uns ja bei den Preußen Youngstars als Torwarttrainer erhalten.
Das stimmt. Danke dir.
Maximilian Schulze Niehues der 1988 in Warendorf geborene Pädagoge war mehr als ein Jahrzehnt ein Dauerbrenner im Tor der Preußen. Am Ende seiner Karriere macht er den Aufstieg in die 2. Liga fest und schreibt mit seiner Mannschaft Geschichte.
lllustration Thorsten Kambach / Fotos Stephan Günther