Dennis schwelgt mit Kai Schwind in Hörspiel-Erinnerungen
GESCHICHTEN VON KASSETTENKINDERN
Wer kennt es noch? Dieses Klacken des Kassettenspielers, das dich aus dem Schlaf riss, wenn die erste Seite deiner Lieblingshörspielkassette beendet war. Jugendbanden wie TKKG, die fünf Freunde oder die Pizza-Bande, haben uns in den 80er Jahren begleitet und helfen uns noch heute vom Alltag abzuschalten. Doch meine Lieblinge waren stets die drei Fragezeichen. Und zum Glück für uns Junggebliebene berichten Andreas Fröhlich, aka der dritte Detektiv Bob Andrews, und Kai Schwind seit Anfang letzten Jahres im gemeinsamen Podcast „Haschimitenfürst“ über die Entstehungen dieser Kult-Hörspielserie. Nun kommen die beiden mit dem „Bobcast“ nach Münster und Kai erzählt mir warum …
Ich glaube, wir sind ungefähr gleichen Alters: Warst du auch ein Kassettenkind?
Ich habe definitiv die klassische Kinder-Kassetten-Biographie: Fünf Freunde,TKKG – ich habe alle beliebten Serien gehört. Die drei Fragezeichen kamen allerdings erst etwas später dazu, da sie mir immer ein Tacken zu gruselig waren.
Wie vermutlich bei uns allen. Bist du der Serie dauerhaft treu geblieben?
Irgendwann kam die Pubertät und diese Phase, wo Hörspiele keine Rolle mehr gespielt haben und buchstäblich auf dem Speicher verschwunden sind. Dort habe ich sie vergessen und erst mit 19 oder 20 Jahren wiederentdeckt. Damals war ich an der Uni und es wurden ein bisschen verschämte Gespräche geführt wie: „Kennst du die drei Fragezeichen noch?“ „Gibt es die eigentlich noch?“ „Schau mal, die machen das ja noch.“ Und dann setzte Ende der 90er eine Art Renaissance für Hörspiele ein, parallel wurde das Internet größer und es entstanden erste Fanseiten zu den Fragezeichen-Hörspielen. Da wurde mir klar, dass diese Hörspiele tatsächlich ein größeres, flächendeckendes Phänomen sind.
Und da hast du beschlossen, dass du auch beim Hörspiel arbeiten möchtest?
Zunächst war es ein reines Hobby, aber dann bin ich doch recht bewusst, wenn auch auf Umwegen, zum Hörspiel gekommen: 2002 habe ich bei der Jugendwelle des Hessischen Rundfunks in Frankfurt angefangen und war dort zunächst Kinoberichterstatter. Doch dann wurde ich Teil eines Teams für Radio Comedy und habe dafür geschrieben, produziert und auch gesprochen. Das hat wirklich Spaß gemacht, so dass ich mit meinem guten alten Schulfreund Sven Buchholz eine eigene Radio Comedy-Serie entworfen habe, die als Parodie auf die Jugendbanden-Hörspiel der 80er angelegt war: Die Ferienbande. Das Hörspiel wurde nach TKKG modelliert, doch das Konzept war insofern umgedreht, dass die Ferienbande keine Fälle hat, sondern derart dilettantisch ist, dass sie sich nur um sich selbst drehen. Dies war aber nicht als eine platte Verarsche gedacht, sondern sollte auch als eine Hommage an dieses spezielle Genre funktionieren, mit dem wir aufgewachsen sind.
Und die Ferienbande kam ins Radio?
Ja, da funktionierte sie in kurzen Folgen ganz schön. Aber Sven und ich setzten uns auch an eine erste lange Hörspielfolge und überlegten, dass es doch ganz geil wäre, wenn wir auch ein paar der Originalsprecher der klassischen Serien dafür kriegen könnten. Ich weiß noch genau, wie ich 2003 einen Brief mit einer Sprecheranfrage an Oliver Rohrbeck geschrieben habe und dieser mich zurückrief und meinte: „Das ist lustig. Das mache ich.“ Das war natürlich ein Triumpf und so kam ich nicht nur immer mehr zum Hörspiel, sondern rutschte auch weiter in den Kosmos der drei Fragezeichen, da ich zunächst Olli, dann aber auch den Rest der Fragezeichen sowie eine ganze Reihe anderer phantastischer OriginalsprecherInnen als Gastrollen rekrutieren konnte.
Dann waren Bernd, Bröckchen, Baul und Babsi von der Ferienbande dein Türöffner?
Kann man so sagen. Olli fragte mich, nachdem wir uns etwas besser kannten, ob ich mir vorstellen könnte für seine Lauscherlounge zu schreiben und so bin ich als Hörspielautor für verschiedene Serien eingestiegen, habe aber nebenbei auch meine eigenen Sachen entwickelt.
Und letztlich auch Hörspiel-Regie übernommen?
Richtig, ich habe dann auch mehrfach den Regie-Posten eingenommen und darüber kam auch die Anfrage ob ich für die Fragezeichen eine Live-Tour zum 30-jährigen Jubiläum entwerfen würde. Damals war noch nicht klar, was genau gemacht werden sollte, aber sie wollten meinen humoristischen Blick darauf gerne nutzen.
Das wurde dann die „Die ??? und der seltsame Wecker“-Tour?
Dies war für mich die erste von insgesamt drei Touren mit den Fragezeichen und es war auch die erste, die in wirklich großen Hallen gespielt wurde – mit größerem Konzept, Musik auf der Bühne und Light Show. Nachdem wir einige Wochen und Monate am Buch gearbeitet hatten, musste noch ein Regisseur gefunden werden und da ich mit der Ferienbande schon Erfahrungen mit Live-Hörspielen hatte, wurde ich gefragt, ob die Regie nicht auch übernehmen wollen würde.
Im Kosmos der drei Fragezeichen
Seit etwas über einem Jahr gibt es „Haschimitenfürst - Den Bobcast“. Wie kam es dazu?
Mit der Zeit habe ich natürlich alle drei Sprecher immer besser kennengelernt, aber mit Andreas habe ich stets besonders eng zusammengearbeitet, da er sich von den dreien am meisten mit Skripten auseinandersetzt. Olli hatte immer mehr Interesse an Sounddesign und Jens [Wawrczeck] wollte bei seiner Arbeit vor dem Mikrofon bleiben.
Wer von euch beiden hatte die konkrete Idee?
Das war Andreas. Die Idee existierte wohl bereits seit ein paar Jahren und wurde dann durch die Pandemie beschleunigt, als wir alle mehr Zeit hatten. Andreas griff also zum Telefon rief mich an …
Magst du das Konzept eures Podcasts kurz erläutern?
Andreas wird für den Bobcast erneut zu Bob Andrews, der bei den drei Fragezeichen für Recherchen und Archiv zuständig ist, und wir schauen uns gemeinsam alle Fragezeichen-Hörspiele noch einmal chronologisch an. Dabei berichtet er von Anekdoten oder erzählt etwas zu den Sprecherlegenden, die dabei waren. Kurz: Jede Folge wird zu einem kleinen Making Of oder Behind The Scenes. Und da dies am besten im Gespräch funktioniert, bin ich an Bord. (Lacht)
Ein super Ansatz, denn du repräsentierst in euren Gesprächen alle Fragezeichen-Fans ...
… von denen ich ja auch immer einer war. Ein großes Pfund unseres Formats ist, dass wir ein Sony-Produkt sind, d.h. wir dürfen die Ausschnitte aus den Hörspielen verwenden, was die Fan-Podcasts leider nicht können. Außerdem haben wir von Heikedine Körting [Mitbegründerin des Labels Europa und „Hörspielkönigin“], die von Anfang an Feuer und Flamme war, die originalen Skripte der Folgen zur Verfügung bekommen. Die sind wirklich großartig, da sie wie eine Zeitkapsel sind: Da hast du selbst seit 40 Jahren deine Lieblingsfolgen, die sich in dein Gedächtnis gebrannt haben und plötzlich siehst du die originalen Texte mit handschriftlichen Notizen oder Stellen, die gestrichen wurden. Oder es lösen sich Rätsel welche SprecherInnen, welche Rollen gesprochen haben, da damals viel mit Pseudonymen gearbeitet wurde … Das ist wirklich spannend und das feiern wir im Bobcast.
Andreas wird zu Bob Andrews
Andreas ist zu Glück auch sehr selbstironisch.
Das finde ich wirklich super an ihm; wie er sich öffnet und sein noch nicht so ausgeprägtes Sprecher- oder Schauspieltalent aus jungen Jahren bespricht. (Lacht) Das ist aber genau der humoristische Dreh, den das Konzept des Podcasts benötigt. Es ist im Grunde eine Oral History, die wir da vornehmen. Da kommt vielleicht mein akademisches Herz zum Schlagen, aber es ist toll, dass wir die Entstehung dieser Hörspielserie für die Nachwelt festhalten, angereichert durch Interviews mit Autoren oder Originalsprechern, wenn sie noch am Leben sind.
Im Juni kann man euch beide auch live mit dem Bobcast in Münster erleben. Wie laufen die Vorbereitungen?
Wir basteln derzeit noch am Konzept. Dabei ist die Herausforderung, wie wir die intime Stimmung eines Gesprächs in Andreas Arbeitszimmer auf eine Bühne transportieren. Was legen wir noch dazu oder machen wir anders? Und es reizt natürlich, wenn man etwas vor Publikum macht, dieses auch mit einzubeziehen. Insofern denken wir jetzt schon darüber nach, wie wir Interaktionen einbauen können.
Es wird aber wieder über eine Folge der drei Fragezeichen gesprochen?
Genau, allerdings werden wir noch nicht sagen, um welche es geht. Aber die bereiten wir jetzt auch schon in gleicher Manier wie beim Podcast vor und Andreas ist bereits schwer am Recherchieren. Der Unterschied ist jetzt nur, dass ich an Möglichkeiten arbeite, die wir im Audioformat nicht haben. Auf der Bühne können wir visueller arbeiten und z.B. Clips zeigen. Ich glaube mit dem zusätzlichen Appeal wird es ein ganz schönes Paket sein.
Ihr kommt mit eurer Show nach Soest, Gelsenkirchen und eben nach Münster. Ehrlich gesagt war ich von Spielorten überrascht und war eher von Hamburg oder Berlin ausgegangen …
Dies haben wir schon häufiger gehört. Der Grund ist aber ganz einfach: Die Produktionsgesellschaft, mit der wir die Tour machen, sitzt in Münster. Mit denen haben wir auch die drei Fragezeichen-Touren gemacht, also zumindest jene, an denen ich beteiligt war, und da diese drei Auftritte eher als kleines Experiment oder Testlauf fungieren, war dies auch der Grund in Münster und Umland zu bleiben.
Inwiefern ist es ein Testlauf? Ihr habt mit Live-Touren doch beide sehr gute Erfahrungen.
Wir wissen noch gar nicht hundertprozentig, was wir alles und wie wir es auf der Bühne machen. Deshalb läuft auch die Promotion noch etwas unter dem Radar und wir haben dir Tour ausschließlich im Podcast kommuniziert. Aber es läuft bereits sehr gut und wir sind fast überall ausverkauft!
Das heißt, bei vollem Erfolg könnte eine größere Tour folgen?
Da müssen wir mal schauen, aber es kann sehr gut sein. (Lacht)
Kai Schwind
ist als promovierter Medienwissenschaftler eigentlich Dr. Kai Schwind und ein Kassettenkind der 80er Jahre. Aus seiner Liebe zum Hörspiel wurde sein Beruf, in dem er heute mit seinen Idolen von einst zusammenarbeiten darf. Hört den „Bobcast“ von Andreas und Kein und findet heraus, was ein „Haschimitenfürst“ ist. Oder noch besser: Erlebt die beiden am 9. Juni live in Münster!
https://dreifragezeichen.de/bobcastlive
llustration Thorsten Kambach / Fotos Christian Hartmann