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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Peter Sauer spricht mit Jacqueline Weber über Hypnose, OP-Musik und duftende Rolltreppen

MUSIK, MPU UND MODELN IN MIAMI

Als ihre zwei Kinder aus dem Haus waren, besann sich Jacqueline Weber der wohl größten Liebe ihrer Jugend: Sie macht wieder Live-Musik als Sängerin. Gleich in zwei Bands. Und sie beweist erfolgreich, dass Musik kein Privileg der Jugend ist, sondern fein gereift so schmeckt wie gute Weine. Und gut mit ihren beiden Hauptjobs in Einklang zu bringen ist.

Wir sitzen hier so schön in Wolbeck beim Frühstück bei dir, Jacqueline, mit Eiern, Aufschnitt und frischen Brötchen. Apropos, womit verdienst du eigentlich deine Brötchen?


Ich bin Krankenschwester in der ambulanten Pflege in Münsters Süden und arbeite selbständig als Heilpraktikerin für Psychotherapie und als Hypnosetherapeutin.                                                                  


Was sind die Aufgaben deiner Arbeit?


Grundsätzlich möchte ich Menschen helfen. In der ambulanten Pflege komme ich seit 2002 zu den Menschen direkt nach Hause. Ich wasche und dusche sie, gebe Spritzen, mache Verbände, ziehe ihnen Kompressionsstrümpfe an, verständige mich mit den Ärzten über die Medikamente der Patienten. 


Und dann hast du ja noch einen zweiten Job?


Als Heilpraktikerin und Therapeutin arbeite ich selbständig mit eigenem Praxisraum von zu Hause aus. 


Wenn die Klienten zu dir kommen, wie kannst du ihnen helfen?


Ich biete Stärkungen des Selbstbewusstseins an, Konfliktbewältigungen sowie Gesprächs-, Verhaltens- und Paartherapien. Dabei untersuche ich immer die inneren und äußeren Ursachen und Zusammenhänge, die jeweils zu Depressionen, Ängsten, Essstörungen, Zwängen, Problemen führen – ob innerhalb der Familie, ob in Beziehungen oder am Arbeitsplatz. 


Was bedeutet das konkret?


Es geht um Verhaltenstherapie oder darum, die eigenen Sichtweisen zu verändern. Ich schaue genau hin, ob Depression oder Traumata von außen kommen, ausgelöst durch besondere Erlebnisse, oder ob bei Klienten die innere Ruhe, die Resilienz von innen fehlt und sie dann zunächst einmal Möglichkeiten brauchen, um runterfahren zu können beziehungsweise mehr an sich glauben zu können. Dazu biete ich auch autogene Entspannungstechniken an 


Kommen Menschen zu dir in die Praxis aus eigenen Stücken, oder weil Partner, Freunde oder Kollegen es ihnen empfohlen haben?


Therapien machen nur dann Sinn, wenn die Menschen aus eigener Überzeugung, also ganz freiwillig kommen, von sich aus und nicht, weil sie von jemandem geschickt werden. Ich hatte mal einen Mann hier, der von seiner Frau geschickt wurde, damit ich ihm das Rauchen abgewöhne. Das wird aber so nicht funktionieren.


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Schon mit vier Jahren probierte ich mich an der Hammondorgel aus

Warum?


Ich kann Menschen mit Hypnose helfen, dass sie sich das Rauchen abgewöhnen, ja, aber nur wenn sie das selbst wollen, wenn sie selbst diesen Weg mit mir gehen wollen, und nicht weil andere das wollen oder sich das wünschen. Und so habe ich den rauchenden Ehemann wieder nach Hause geschickt. 


Konsequente Entscheidung. Du arbeitest auch bei der Gewichtsreduktion mit Hypnose. Wie geht das?


Es ist nicht so, dass man einfach mit den Fingern schnippt und sagt „du bist jetzt drei Kilo leichter“.  Das wird nicht funktionieren.


Sondern?


Es geht darum, das Essverhalten passgenau umzustellen. 


Du machst auch die MPU-Beratung (Medizinisch-psychologische Beratung zur Wiedererlangung des Führerscheins). Wie hilfst du den Betroffenen?


Das Allerwichtigste ist, dass der Klient ehrlich ist. Den Fehler, den er zuvor beim Autofahren gemacht hat, muss er aus voller Überzeugung eingestehen und bedauern. Es werden bestimmte Fragen gestellt. Authentizität ist der Schlüssel zum Erfolg.  


Wer sind deine Klienten und wo kommen sie her?


Vom Schüler bis zum Rentner kommen sie aus einem Umkreis von 100 Kilometern. Zu mir kommen Leute aus verschiedenen Berufen, darunter Klienten, die im Büro arbeiten, aber auch Selbständige, Ärzte und Schauspieler.


Und dann gibt es da aber noch ein anderes Standbein. 


Oh ja!


Wann fing das bei dir mit der Musik an?


Bereits mit vier Jahren probierte ich mich an der Hammondorgel aus, ich habe heute noch ein kleines Keyboard und auch noch die Klarinette, die mich seit dem sechsten Lebensjahr begleitet. Ich habe auch Gesangsunterricht bekommen.


Du hast als junge Frau auch eigene Songs komponiert?


Ja, ich komponierte in den 1980er-Jahren soulpoppige Songs zu den Akkorden, die mir ein Freund auf einer Musikkassette schickte. 


Wie würdest du deine Songs beschreiben?


Ich liebe die Achtzigerjahre. Da habe ich viel gefeiert. Und diese Zeit hatte jene unvergleichliche Leichtigkeit, die wir gerade heute sehr gut gebrauchen könnten.  


Stimmt es, dass deine Musik auch mal während deiner medizinischen Arbeit lief?


Richtig. Als ich noch in Mannheim als Krankenschwester gearbeitet hatte, lief meine Musik auch im Operationssaal. Da lief immer Musik und plötzlich fragte mich der operierende Gefäßchirurg: „Jacqueline, sind sie das?“ Als ich „Ja“ sagte, erwiderte er „tatsächlich“ und ließ die Musik weiterlaufen. Und das, obwohl er ansonsten immer nur Klassik hörte.


Wie kam es zu deiner ersten Studioaufnahme?


Mein damaliger Freund hatte mir zum Geburtstag eine Studioaufnahme geschenkt. Und mich gebeten, einfach drei Songs zu singen, die ich mag. Da habe ich spontan ein Stück aus „Aida“ gesungen. 


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Oha. Sofort einen Song aus „Aida“, das ist wahrlich kein einfacher Einstand, oder?


Ne, aber es hat sehr viel Spaß gemacht und gleich bei der ersten Aufnahme hat alles geklappt. Der Studiotechniker war zufrieden, auch bei den anderen von mir eingesungenen Songs „Black Velvet“ von Alannah Myles und „I will survive“ von Gloria Gaynor.


Deine Songs liefen ja auch schon öfters im Radio und erfahren gerade ein Updater …


Der bekannte Gitarrist Doc Heyne aus Münster hat „What’s your purpose?“ mit mir neu aufgenommen. Meinen Song „Never love you“ wird bald meine zweite Band, 2nd Issue, mit mir neu spielen. 


Wie wichtig ist dir Musik?


Sehr wichtig. Sie gibt mir sehr viel, nicht nur als Ausgleich zu meiner Arbeit. Ich höre sowohl alte Vinylsingles, zum Beispiel von Caterina Valente, französische Chansons, Mixed Tapes mit 80er-Hits, gerne Depeche Mode, Amy Winehouse, aber auch Soul und Rock von Schallplatte, zum Beispiel vom kanadischen Musiker Frank Marino, den man in Deutschland gar nicht so kennt. Und ich tanze sehr gerne.


Und wenn du bei Bert Fenber und seiner Band auf der Bühne stehst und im perfekten Zweiklang mit ihm singst, wie im Hiltruper Kulturbahnhof oder beim 4telfest, dann feiern dich Publikum und Presse auch für deine große Leidenschaft beim Singen, für dein Feuer …


Danke. Ja, es ist wunderbar, mit Bert gemeinsam seine ausdrucksstarken selbst komponierten Songs zu singen, und der Teamgeist in der Band ist sehr gut. 


Inwiefern?


Wir inspirieren uns gegenseitig und bringen uns gemeinsam immer wieder einen neuen Schritt weiter. Wir haben eine schöne Zeit beim Proben und bei den Auftritten. Die gemeinsame Musik tut mir beim Singen gut. Und ich freue mich, wenn sich das auf die Zuhörer und Zuhörerinnen überträgt. 


Die Zahl der Konzerte der Bert Fenber Band nimmt ja auch kontinuierlich zu …


Es ist schön, auch als Best Ager das Publikum begeistern zu können. Ich werde im Mai 60. 


Hast du Probleme damit? 


Nein, definitiv nicht. 60 ist für mich nur eine Zahl. Ich bin kein Sofa-Nerd, sondern freue mich über jeden Bühnenauftritt. Live zu spielen ist so wunderbar.  


Manchmal hast du direkt vor einem Auftritt Frühschicht als Krankenschwester in der Pflege und nach einem Auftritt warten Klienten auf dich, die therapiert werden wollen. Wie kriegst du das alles unter einen Hut?


Gut, weil ich den Menschen auf vielfältige Art und Weise etwas geben kann und mit allen Jobs sehr viel Freude bereite. 


Macht Musik eigentlich jünger?


Musik setzt Glückshormone frei. Singen befreit, übrigens auch im Chor und ja, sie hält auch jung. Und Kraft hole ich mir zudem in der Natur, zum Beispiel am Hiltruper See oder an der Angel und im Tiergarten in Wolbeck.


Dein Blues-Solo „Bye Bye Baby“ ist ja immer ein Must-have vor der Pause eines Konzerts der Bert Fenber Band. Hast Du eigentlich nie Lampenfieber?


Ne, ich mache vorher keine Atemübungen und singe mich auch nicht ein, sondern singe einfach los, wenn ich dran bin. Das gilt auch für meine zweite Band 2nd Issue. Dort singe ich Soul- und Funkstücke unseres Gitarristen und ich covere Sade und Amy Winehouse. 


Du rockst die Amy Winehouse echt gut, Jacqueline, apropos Komplimente. Du bist wirklich sehr attraktiv …


Danke schön, Peter. 


Hattest du in deinem Leben schon mal in Erwägung gezogen, als Model zu arbeiten?


Oh ja. Ich hatte in Speyer eine Model-Ausbildung gemacht und nach der Prüfung auch gemodelt. Ich kann mich noch gut an die Dessous-Shows und an die präsentierte Leder-Kleidung erinnern. Selbst Jogginganzüge waren damals aus Leder. 


Du verreist ja gerne. Während eines Urlaubes in Miami Beach hätte dein Leben ja sogar dann eine andere Wendung nehmen können. Was ist da passiert?


Ich wurde in der Vorweihnachtszeit am Strand von Miami angesprochen. Für ein Fotoshooting. Das muss so um 1988 herum gewesen sein. Und sehr schnell stand ich dann im Meer des Atlantischen Ozeans mit Nikolausmütze auf dem Kopf und sollte immer wieder durchs Wasser waten. Mir wurden amerikanische Badeanzüge angeboten, aber ich vertraute beim Shooting auf meinen eigenen Urlaubsbikini aus Deutschland. Die Fotos wurden dann auch in der US-Presse veröffentlicht.


War das dein einziges Fotoshooting in den USA?


Nein, es wurde per Zeitungsanzeige ein Gesicht- und Frisurenmodel gesucht. Ich rief da an und ging zu einem ganz besonderen, trendy und schicken Kaufhaus, zum Saks Fifth Avenue in Downtown Miami. Ich fuhr dort die Rolltreppe hoch und plötzlich sprühten mich die Leute von der Seite mit edlem Parfüm ein. Das war irre.


Hast du den Model-Job dann bekommen?


Die Amerikaner sagten zu mir: „Bitte einmal umdrehen“. Ich habe mich einmal schwungvoll um meine eigene Achse gedreht. Dann sagten sie sofort: „Du hast den Job! Du kriegst 345 Dollar am Tag. Du kannst am 1. Januar anfangen.“ 345 Dollar am Tag, wow, dachte ich. Aber es gab leider ein Problem.


Welches?


Ich dachte, ich könnte den Model-Job während meines dreiwöchigen Urlaubs machen. Aber ab dem 1. Januar war ich ja schon wieder in Deutschland, um in meinem Job als Krankenschwester zu arbeiten. „Ne, sie müssen hierbleiben“, sagten jedoch die Leute von der amerikanischen Fotoagentur.


Und wie hast du dich entschieden?


Ich bin zurück nach Deutschland geflogen.


Bereust du das jetzt rückblickend?

                                                                                                   

Damals war ich auf dem Weg zum Flughafen, als es nach Deutschland zurückging, schon traurig. Das stimmt. Aus heutiger Sicht ist es aber in Ordnung. Denn ich bin glücklich mit meinem Leben, so wie es jetzt ist. 


Jacqueline Weber
Geboren am 6. Mai 1965 in Speyer, lebt seit 1996 in Münster, zwei erwachsene Kinder, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Hypnosetherapeutin, Krankenschwester in der ambulanten Pflege, Sängerin in der Bert-Fenber-Band und bei 2nd Issue. Sang beim Musical „Mirjam“ mit.
Nächste Auftritte: 7. März: Kulturwerkstatt an der Kreuzkirche, 12. März: Spookys, 12. April: Balou (OS), 14. Juni: 4telfest

www.hp-psy-weber.de

lllustration Thorsten Kambach / Fotos Peter Sauer

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