
Henning Wehland und Stephan Günther auf einer Expedition ins Tierreich
STALLBURSCHE AUS LEIDENSCHAFT
Henning Wehland ist nicht gerade für mangelnde Experimentierfreude bekannt. Musiker, dann Praktikant beim Oberbürgermeister, der Letzte an der Bar und im Notfall auch schon mal Hotdog-Verkäufer. Während das Ding mit den H-Blockx wieder Fahrt aufnahm, fand er noch eine andere Beschäftigung zum Ausgleich. Seit einigen Jahren wohnt er wieder in Münster, und zwar auf einem Bauernhof mit Pferden. Was es damit auf sich hat und sonst noch so bei Henning und den H-Blockx los ist, erzählt er uns im Interview.
Was ist das für ein Gefühl, nach 30 Jahren mit der Debüt-Platte wieder auf Tour zu gehen?
Ein Bällebad der Gefühle! Hättest du mir vor einem Jahr gesagt, dass es so kommt, hätte ich dich für verrückt erklärt. Aber wie das so ist, in über 30 Jahren passieren relativ viele Dinge. Wenn man diesen Dingen Zeit gibt und geduldig ist, gibt es Sachen, die sich dann einfach fügen. Es ist ein riesiges Geschenk, dass wir als Band und vor allem als Freunde wieder zusammengefunden haben und diese Energie auf der Bühne entstehen lassen können.
Motivation ist da, könnte man meinen?
Ja, wir haben es genossen! Nach 30 Jahren noch mal eine Tour ausverkaufen können, ist schon ein Wahnsinnsgeschenk.
Wie kam es dazu, spontan? Gerechnet hatte man damit ja nicht so wirklich.
Nicht spontan, nein. Eigentlich hat Bernie (Bernd Redeker, Gorilla Bar. Red.) den Grundstein viel früher gelegt. Er hat uns irgendwann einmal gefragt, ob wir nicht 2019 beim Stadtfest „Münster Mittendrin“ spielen möchten. Darüber haben wir intensiv nachgedacht. Am Ende stand dann die Erkenntnis: „Irgendetwas wartet noch auf uns.“ Das Konzert auf dem Domplatz haben wir dann gespielt, ziemlich erfolgreich.
Wie ging es dann weiter?
Wir haben gemerkt, dass uns das doch mehr bedeutet, als wir angenommen haben. Wir haben also den Plan gefasst, 2020 noch einmal richtig loszulegen, zu unserem 30-jährigen Bühnenjubiläum. Corona hat dann den Plan zunächst durchkreuzt.
Das Kreuz musstet ihr nicht alleine tragen. Aber ganz von der Bildfläche verschwunden wart ihr dann ja doch nicht während der Pandemie?
Wie man es nimmt, 2021 haben wir schon ein, zwei von diesen bestuhlten Konzerten gemacht. Los ging es dann aber erst wieder 2022 beim Oelde-Open-Air, das war herausragend für uns. 2023 kamen dann einige Festivalanfragen, da haben wir auch auf zehn bis zwölf Festivals gespielt, zum Jahresabschluss sogar noch einmal in Oelde. Bis auf Deichbrand waren das nicht mal wahnsinnig große Festivals, aber es hat uns einfach Spaß gemacht.
Was ja die Hauptsache sein sollte. Hat euch das dann wieder angezündet und motiviert?
Das nahm dann alles fast von selbst seinen Lauf, diese Energie hat sich auch auf viele andere Leute übertragen. Dann hat uns irgendwann eine Booking-Agentur angesprochen, ob wir nicht Lust hätten, mal eine Tour auszuprobieren.
So ergibt das eine das andere …
Mich haben erst mal alle für verrückt erklärt, ich bin aber innerhalb der Band bekannt dafür, auch mal verrückte Dinge zu tun. Besonders Tinte, unser Gitarrist, war in dieser Situation sehr hilfreich als jemand, der sich beruflich sehr viel im Live-Sektor bewegt. Er war fest davon überzeugt, dass es klappen wird. Der Rest ist bekannt.

Ich freue mich, dass ich die Tour genießen konnte
Allerdings! Eine ausverkaufte Tour mit zwei grandiosen Heimspielen im Skaters Palace.
Womit wir nie gerechnet hätten, dass es SO gut funktioniert. Wahnsinn, alleine schon zwei Shows in Münster in kürzester Zeit auszuverkaufen ist unglaublich. Alles ziemlich überwältigend.
Was für ein „Comeback“!
Im Prinzip ist es so ein Schritt-für-Schritt-Verfahren gewesen, welches immer zur Grundlage hatte, dass es uns Spaß macht.
Im November erschien mit „Fallout“ sogar neue Musik von euch, kann man da noch mehr erwarten in Zukunft?
Genau, den Song haben wir ja auch schon auf der Tour gespielt. Wir bauen da ja jetzt kein großes Geschäftsmodell drauf auf, oder knüpfen da Hoffnungen für die nächsten Jahre dran. Aktuell freue ich mich, dass ich die Tour so genießen konnte und wir als Band so waren, wie wir halt immer waren. Wir haben füreinander festgestellt, wie eng unsere Freundschaft doch ist. Das verbindet uns besonders auf der Bühne und wir treffen uns zum Musikmachen.
Das klingt verheißungsvoll …
Was dabei herauskommt, mal schauen. Ich persönlich hätte nichts gegen eine neue Platte, aber die H-Blockx als Band können nichts versprechen. Eine Tour wird es aber geben, die führt uns natürlich auch wieder nach Münster. Am 8.11. in der Halle Münsterland.
Du wohnst seit einer Weile wieder in Münster, auf einem Hof mit Reitstall. Ist das ein neues Hobby?
Ganz und gar nicht, ich bin dem Reitsport durch viele Freunde schon immer verbunden gewesen. Als ich mich vor drei Jahren entschloss, wieder nach Münster zurückzuziehen, bin ich übergangsweise bei meinem Freund Oliver Schulze-Brüning an der Kanalstraße eingezogen.
Schöner Zufall! Da hast du jetzt also als Stalljunge angeheuert?
Na ja, mit der Zeit hat es sich zumindest etabliert, dass ich gelegentlich auch einfach mal mit ausgeholfen habe. Also Pferde füttern und alles, was so an Arbeit herumliegt. Wenn ich dann gerade da bin, mache ich das echt gerne, bis vormittags schlafen bekämst du auf einem Bauernhof ohnehin nicht hin.
Da steht man dann wohl mit den Tieren auf?
Ja, meistens. Ich habe in der Regel sonntags Stalldienst, wenn ich da bin. Da ergibt es durchaus Sinn, wenn ich gegen Viertel vor sieben im Stall bin. Aber das kann zu einer wirklich sehr angenehmen Routine werden und ist ein super Ausgleich. Wenn du zum Beispiel nach einem Wochenende bei Rock am Ring nachts um zwei nach Hause kommst und vier Stunden später aufstehst, um mit dem Weidemann Heu und Stroh in die Ställe zu fahren.
Ich kann das verstehen, aber es wäre mir trotzdem ein wenig zu früh!
Spannend ist übrigens, dass aus dieser Situation, meiner Leidenschaft heraus, sich aus meinen Freunden Oliver Schulze Brüning, Christoph Schockhöhle und mir ein richtiges Team gebildet hat – COM.on. In diesem Team gibt es eine Reiterin, zwei Reiter und insgesamt zehn Pferde, die beritten werden. In diesem Sommer haben sie uns dann überrascht indem sie ein Pferd nach uns benannt haben.

Das ist ja sehr cool. Wie heißt es, einfach „H-Blockx“?
Fast, es heißt „COM’on H-Blockx“. Insofern ist da natürlich von beiden Seiten sehr, sehr viel Emotion drin.
Come on zum Sieg?
Es geht gar nicht so um den Wettbewerb. Vielmehr darum, dass dieser Sport im Allgemeinen, in diesem Fall der Reitsport, und Musik viele Parallelen haben in der Art, wie man Leidenschaft auslebt.
Ich beginne zu verstehen …
Ingrid Klimke zum Beispiel ist auch eine sehr erfolgreiche Reiterin, sie hat Ihre Pferde auch dort stehen. Insofern ist das immer ein sehr, sehr spannender Austausch, weil sehr viele erfolgreiche Sportler*innen da halt eben auf den Hof kommen, aber auch sehr viele erfolgreiche Künstler*innen. Die Schriftstellerin Juli Zeh war vor Kurzem zu Besuch, zum Beispiel. Ein Ort und Treffpunkt für Menschen, die ihrer Leidenschaft nachgehen.
Und ich dachte, du wohnst da einfach und räumst gelegentlich ein wenig auf. Bist du „euer“ Pferd denn schon selbst geritten?
Nee, nee, nee! Glücklicherweise steht das Pferdewohl bei uns an erster Stelle. Durch den Stalldienst habe ich zwar schon sehr engen Kontakt mit den Pferden, aber man setzt sich nicht einfach auf das Tier und reitet los. Ich glaube, da gehört sehr viel Zeit, Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail zu. Das alles investiere ich lieber ins Gitarre spielen, Songs schreiben, Musik machen, oder üben.
Was ist eigentlich aus „Der letzte an der Bar“ geworden? Ist das ausgelaufen oder auf Eis gelegt?
Ich habe mich definitiv vor einigen Jahren gegen den Gedanken entschieden, dass ich unbedingt irgendwie eine Platte produzieren und herausbringen muss. Irgendwann wird das Ganze sonst zu einer ganz normalen Arbeit. Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass es keinen Sinn macht, so ein Hobby zum Beruf zu machen. Weil beim Beruf dann eben auch Dinge dazukommen, die der Leidenschaft im Weg stehen. Und weil man dann Geld verdienen muss, weil man irgendeine Maschinerie am laufen halten muss.
So habe ich das noch nie gesehen, klingt logisch und richtig. Was steht denn dann außer den H-Blockx sonst noch an in Zukunft?
Ich spiele zu Hause sehr viel Gitarre, dafür habe ich ja den Raum. Dann kümmere ich mich sehr viel um das COM.on-Team. Das ist mir sehr wichtig und macht wahnsinnig Spaß! Da gibt es drei große Events, die geplant werden wollen. Ein großes Reitturnier in Hongkong, die Weltmeisterschaft 2026 und natürlich die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028. Zwar absolute Wunschgedanken, dass da mal ein COM.on-Pferd startet, aber man soll nie, nie sagen!
Henning, ich sehe, du hast viel vorzubereiten! Ich danke für das spannende Interview!
Henning Wehland
Er wurde 1971 geboren, ist Gründungsmitglied der Münsteraner Band H-Blocx. Wenn er nicht gerade Gitarre lernt oder von der Bühne aus Leute anschreit, widmet er viel seiner Zeit der neuen alten Passion – dem Pferdesport.
lllustration Thorsten Kambach / Fotos Stephan Günther