Thorsten Kambach spricht mit Guido Groh und Phil Hanro über ihren unerwarteten Nummer-1-Hit in Portugal.
VON KREIDE ZU BEATS
Willkommen zum heutigen Interview mit Guido Groh, dem Lehrer, der es geschafft hat, einen Nummer-1-Hit zu landen und damit Portugal zu erobern! Wir werden mit ihm und seinem musikalischen Partner Phil Hanro sprechen und herausfinden, wie es dazu kam, dass ein Lehrer aus Deutschland die Charts in Portugal stürmt. Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung für uns alle, unsere verborgenen Talente zu entdecken und erfolgreich zu sein, auch wenn wir den größten Teil unserer Tage in einem Klassenzimmer verbringen. Lasst uns herausfinden, wie Guido das gemacht hat! Sehr gut? Setzen!
Guido, wie lange kennen wir uns?
Guido: Da habe ich gerade auch drüber nachgedacht. Da bewegen wir uns in einem Zeitrahmen von dreißig Jahren.
Erstmalig bist du mir im Stadtbild aufgefallen – das war da unten am Roggenmarkt. Da gab es diesen Laden, der aussah wie ein amerikanischer Diner. Gehörte der dir?
G: Das ist total lieb, dass du das sagst, aber das hast du falsch in Erinnerung. Warum du mich damit in Verbindung bringst … keine Ahnung. Ich hatte damals eigentlich nur mein erstes von über dreißig Urlaubssemestern genommen und viel aufgelegt. Bis mich dann ein Investor fragte, ob ich nicht das Nachtcafé übernehmen wolle. So wurde ich Gastronom. Da war ich dann elf Jahre mit beschäftigt. Dann kamen Gasolin und China Lounge zwischendurch, bis Ende Zwosieben. Da habe ich der Gastro den Rücken gekehrt und ein Studium begonnen.
Studium im Alter?
G (Lacht): Stimmt, ich war steinalt. Aber sonst hätte ich es nicht zum Beamten bringen können. So übe ich nun den Lehrberuf aus.
Dann hast du viel Zeit und kannst dich stark der Musikkarriere widmen, was will ein musizierender Mensch mehr …
G: Ich bin sozusagen Frührentner mit Hobby. Aber im ernst, ich sehe das so, dass meine Arbeit mit den Schülern für mich nicht besonders arbeitsintensiv ist …
Das entspricht jedem Klischee, das ich über Lehrer kenne.
G: Ich meinte, dass die Arbeit mit Schüler eher wie Zeit verbringen ist. Als ich damals mit dem Studium fertig war, hatte ich am meisten Bammel vorm Lehrerzimmer, weil da die ganzen Lehrer sind. Vorm Klassenzimmer hatte ich so einen Stress nie. Da sind eben die ganzen Schüler, mit denen komme ich klar.
Was lehrst du?
G: Religion und Geschichte.
Trotz Jurastudiums?
G: Das habe ich ja abgebrochen.
Dann können wir zusammenfassen, dass die fachlich schwierigste Zeit deines Lebens die drei Semester Jura waren?
G: Es waren fünf Semester. Die habe ich echt mit Scheuklappen studiert, nix vom Leben gesehen … dann kam es eben so, wie es kam. Aber tatsächlich sehe ich es so, dass meine eigenen Ansprüche so hoch sind, dass ich das Religions- und Geschichtslehrerdasein als harte Arbeit empfinde.
Hilft es dir als Musiker, dass du Religionslehrer bist?
G: Inwiefern das denn?
Beides hängt stark mit dem Glauben zusammen. Der eine Gott, der andere an sein Starpotential.
G: …
Wann hast du gemerkt, dass du besonders musikalisch bist?
G: Also abgesehen vom Auflegen, habe ich immer schon gemerkt, dass da eine gewisse Musikalität in mir schlummert. Die Idee, das größer aufzuziehen, ist aber eher dadurch entstanden, dass ich Phil auf Instagram wiedergefunden habe. Phil hat früher im Nachtcafé zusammen mit mir gearbeitet und ich hatte ihn ewig nicht gesehen, dachte, der sieht ja noch genauso aus wie vor fünfzehn Jahren! Habe dann gelesen, dass der in amerikanischen Charts und als DJ unterwegs ist! Das konnte ich mir alles gar nicht herleiten, da ich ihn überall verortet hätte, nur nicht in der Musikbranche. Ich konnte gar nicht glauben, dass der das ist, also habe ich zunächst einen Kumpel angeschrieben und gefragt, hey, ist das Philip? Und der so: na klar.
Dann schrieb ich Phil an und keine drei Minuten später kam die Antwort. Dann ein Treffen. Seitdem machen wir den Quatsch.
Spielst du überhaupt Gitarre?
G: Wir sind ein reines Produzententeam, machen alles am Rechner. Ich hole da jetzt nicht meine alte Klampfe raus und spiel da selber was ein. Also wir haben auch was eingesungen …
Gute Überleitung. Jetzt kommen wir mal zu dir, lieber Phil. Du bist Manager von Fernsehstars. Fangen wir doch mal damit an. Kennen wir da jemanden?
P: Paul Janke. Der erste Bachelor. David Odonkor, …
Der Fußballspieler.
P: Genau der. Ich bin ja gelernter Veranstaltungskaufmann, habe hier in Münster gelernt. Da lernte ich, wie die Branche sich organisiert, was wie wo passieren muss und passiert. Schon in der Ausbildung bin ich dann Teilhaber der Firma geworden, war also Auszubildender und Inhaber zugleich.
Ich war Kellner im Nachtcafé
Kompliment. Dann musst du wohl das Unternehmergen haben, wenn du als Lehrling den Laden einfach übernimmst!
P: Ja, das habe ich wohl in mir. Denn nach meiner Ausbildung gründete ich dann eine eigene Eventagentur – die es heute noch gibt. Dadurch lernte ich meinen heutigen Kompagnon kennen, der schon ein alter Hase im Künstlermanagement ist, über vierzig Jahre im Job.
Und du hast nebenher immer aufgelegt und lebst jetzt den Traum?
P: Gar nicht. Ich war der Kellner im Nachtcafé. Musik habe ich hobbymäßig angefangen als Schlagzeuger Ende der Neunziger.
Wie ist deine Sicht auf das Wiedersehen mit Guido? Hat das in dir auch ausgelöst, mit ihm eine Platte aufzunehmen?
P: Schlussendlich haben wir uns ja nach fünfzehn Jahren wiedergetroffen und Guido war sehr, sehr gespannt, wie das bei mir alles zustande gekommen ist, fragte diese, jenes, wieder dieses. So kam dann die Idee, lass doch mal was zusammen machen.
Das klingt ja einfach. Habt ihr euch dann hingesetzt und gesagt, das Ding soll größer werden, veröffentlich werden und nicht nur produziert für einen selbst?
P: Nun, heutzutage kann ja jeder einfach irgendwas veröffentlichen, der möchte.
G: Darf ich da mal kurz reingrätschen? Die Geschichte war ja total anders. Es stimmt, dass Phil zu der Zeit, als ich ihn wiedertraf, schon so einiges auf die Beine gestellt hat musikalisch (siehe Vita). Aber der Grund, warum wir was zusammen gestartet haben, war mein Geburtstagswunsch. Ich wünschte mir, dass Phil mit mir eine Platte aufnimmt. Das war ein lange mir innewohnender Traum. Dann haben wir uns hingesetzt und haben angefangen. Ich habe sogar selber etwas eingesungen – anfangs. Und das war: erbärmlich.
Und dann eben instrumental?
G: Nein, wir haben uns Gastsängerinnen gesucht.
Beschreib mal den Song.
G: Das ist eher eine Uptempo Nummer, ein Dancetrack.
Wie heißt denn euer Projekt?
P: Phil Hanro feat. Guido Groh. Wir haben uns jetzt extra nicht sowas ausgedacht wie Moonbootica oder so.
Verstehe. Gefällt mir gut.
P: Danke sehr.
G: Release ist Anfang Februar.
Ich möchte das Stück ja gerne mal hören!
G: Kein Problem, hast du eine Box?
Nein, aber mach doch mit dem Handy. Ein guter Song funktioniert auch leise, sagt Steffi Stephan.
G: Ist ja ein guter Song.
Dann los.
(Guido legt sein Telefon auf den Tisch und der Song legt los. Klingt nicht zu schnell, nicht zu lahm, schönes Tempo. Klingt sehr sommerlich. Überraschend gut. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich bin in solchen Momenten meistens sehr angespannt, wenn ich vor jemandem sitze und dabei beobachtet werde, wie ich auf etwas reagiere. Kennst oder? Von daher war ich erleichtert. Der Song könnte so in jedem handelsüblichen Radio laufen. Ob der Song ein Erfolg wird? Who knows. (Heute, wo ich dieses Interview abtippe, ist das Lied schon veröffentlicht und ich kann hinzufügen, ja, das Ding ist ein Hit geworden – zumindest in Portugal!)
Sehr sonnig.
G: Unser Wunsch ist natürlich, dass das der Sommerhit 23 wird. Aber das ist nur Hoffnung, ob es klappt, bleibt abzuwarten.
Den Song kann ich mir gut beim Cabriofahren vorstellen könnte.
P: Das stimmt, da passt das genau zu.
G: Das ist die Idee, dass man sich einfach gut unterhalten fühlt. Langfristig soll dies nur der Start einer Zusammenarbeit sein. Wir können uns durchaus vorstellen, als DJ-Team gemeinsam was zu machen.
Tretet ihr damit auch auf?
P: Wir würden damit auftreten, wenn uns jemand fragt.
Phil, du bist doch genau der richtige als Künstlermanager. Warum müsst ihr auf andere warten, könntet ihr nicht einfach einen Clubbesitzer fragen, würde doch super da hinpassen, oder?
P: Ich sag mal, klar, das ist jetzt wenn man jetzt noch tatsächlich einen Sänger dabei hätte oder so, dann machen Auftritte erst Sinn. Die Nummer als einzige ist natürlich ein bisschen weniger. Als Warm-Up könnte das überall laufen. Ich sehe keinen Club, wo das nicht laufen könnte, passt aber auch super ins Radio.
G: Mir müssen jetzt erstmal abwarten, ob uns jemand fragt. Obwohl, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen arrogant. Das ist eher Unsicherheit, die da aus mir spricht. Weil ich gar nicht weiß, ob der Song gut genug gefällt. Ich habe natürlich hintenrum alle angeschrieben, dass da was kommt.
Dann drücke ich die Daumen.
G: Danke dir. Die Hoffnung ist, dass es so ist irgendwann, dass ein DJ unseren Song hört und so gut findet, dass er ihn von selber auflegt.
Das meinte ich eigentlich.
P: Und das wird er, da bin ich guter Dinge.
Danke für eure Zeit und ich freue mich, dass wir wieder einen potentiellen Hit aus Münster haben!!!
Phil Hanro ist leidenschaftlicher Musikliebhaber und erfolgreicher Künstler, der seinen Platz in den US-Charts gefunden hat. Seine Liebe zur Musik umfasst auch das Analysieren und Testen von Marketing- und Promotion-Maßnahmen. Diese Kombination aus Kreativität und Geschäftssinn macht Phil zu einem charmanten und vielseitigen Künstler und einem wahrlich tollen Münsteraner.
Guido Groh, geboren im selben Jahr wie Kurt Cobain war früher Barkeeper und DJ im Nachtcafe. 2007 entschied er sich für ein Lehramtsstudium und wurde 2015 erfolgreich verbeamtet. Heute ist er ein leidenschaftlicher Koch und glücklicher Familienvater mit zwei Kindern und zudem – eventuell – angehender Grammypreisträger.
llustration Thorsten Kambach / Fotos Thorsten Kambach