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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Peter Sauer spricht mit Claudia Müller über die Wichtigkeit des Blutspendens

WIE 500 MILLILITER BLUT LEBEN RETTEN KÖNNEN

Alle sechs Sekunden – so oft braucht statistisch gesehen ein Mensch in Deutschland eine Bluttransfusion.
Jeder Dritte ist mindestens einmal im Leben darauf angewiesen, ob bei einer OP, nach einem schweren Unfall oder bei manchen Krankheiten. Für menschliches Blut gibt es noch keinen künstlichen Ersatz. Blutspenden sind weiterhin notwendig, sagt Claudia Müller vom DRK-Blutspendedienst West, Zentrum für Transfusionsmedizin Münster.

Gehen wir direkt ins Thema, Frau Müller. Wie ist die aktuelle Entwicklung bei den Blutspenden in unserer Stadt?


In Münster ist die Situation relativ gut. Die Zahl der Blutspender steigt. Wir hatten in Münster im Jahr 2022 insgesamt 11439 Blutspender, im Jahr 2023 waren es 12273 Blutspender. Für eine Stadt dieser Größe ist das beachtlich.


Warum?


Je größer eine Stadt ist, desto kleiner ist normalerweise die Bereitschaft, Blut zu spenden. In den ländlichen Regionen wird dagegen öfter gespendet.


Aus welchen Gründen?


Auf dem Land ist es weniger anonym, da kennt man die Nachbarn, da ist die allgemeine Lebenssituation auch vom sozialen Zusammenhalt her enger.


Und wie ist die Blutspende-Situation im Allgemeinen?


Leicht angespannt. Wir können derzeit zum Glück noch alle Krankenhäuser gut mit Blutpräparaten versorgen.


Hand aufs Herz, was sind die Probleme?


Wir leiden darunter, dass es eine lange Erkältungszeit gab. Und wir sind in Sorge, wenn wir an die Ferien denken. Viele Menschen, die vielleicht Blut gespendet hätten, fahren in Urlaub. Dann kommen im Mai die Brückentage, die oft für kleine Reisen genutzt werden. Und dann stehen schon fast wieder die Sommerferien vor der Tür. Viele schmieden Freizeitpläne und denken dabei nicht unbedingt ans Blutspenden. Wir benötigen in Nordrhein-Westfalen aber jeden Tag mehr als 3000 Blutspender. Auch in der Ferienzeit.


Wenn ich in Münster zur Blutspende gehe, wo geht mein Blut dann eigentlich hin?


Der DRK-Blutspendedienst West versorgt von Münster aus die Patienten in Hunderten von Klinken und Arztpraxen in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz und im Saarland mit oft lebensrettenden Blutpräparaten.


Wie sorgen Sie dafür, immer genügend Spender zu bekommen?


Wir informieren und motivieren über alle möglichen Kanäle, vom Plakat bis zum Insta-Post. Wer einmal Blut gespendet hat, bekommt immer eine Einladung zum nächsten für ihn möglichen Blutspendetermin.


Was ist eigentlich die beliebteste Blutgruppe?


0 Negativ ist die beliebteste Blutgruppe, weil man die jedem übertragen kann. Wir versuchen aber, für alle Blutgruppen genügend Reserven vorzuhalten.


Warum sinkt allgemein die Bereitschaft zur Blutspende? Was sind die Gründe?


Wir haben ja alle viel zu tun in unserem Alltag. Da kommt man nicht unbedingt auf die Idee, zur Blutspende zu gehen. Hilfreich ist es auf jeden Fall, wenn Eltern oder Freunde Blutspender sind und gewissermaßen als Vorbilder dienen. Viele bekommen den Bezug zur Blutspende über Menschen in ihrem Umfeld, die Blut spenden oder die vielleicht schon mal Bluttransfusionen erhalten mussten.


Ist es durch die Corona-Pandemie schwieriger geworden?


Auch in der Pandemie gab es durchgehend Blutspendetermine. Dann wurde halt mit Maske und Abstand gespendet. Schwieriger war es in dieser Zeit mit den Blutspenden in Unternehmen, in Verwaltungen und in den Schulen. Das war ja in der Corona-Zeit wenig sinnvoll, weil viele Mitarbeiter und Schüler zu Hause bleiben mussten. Das wird allmählich wieder besser.

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0 Negativ ist die beliebteste Blutgruppe

Warum ist Blutspenden aktuell so wichtig?


Weil es ganz viele medizinische Behandlungen, Operationen, Organtransplantationen und Chemotherapien gibt, bei denen Blut transfundiert werden muss. Viele Therapien wären sonst gar nicht möglich. Sehr oft wird Blut für Krebspatienten gebraucht.


Wie kann eine Blutspende konkret Leben retten?


Aus dem gespendeten und in unserem Labor getesteten Blut werden Medikamente hergestellt. Der Patient bekommt immer nur den Teil des Blutes, den er für seine Genesung auch benötigt. Aus jeder Vollblutspende entstehen so zwei oder drei verschiedene Präparate aus roten Blutkörperchen (Erythrozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) sowie Blutplasma.


Es gibt Menschen, die gehen regelmäßig zur Blutspende. Wie oft kann man gehen?


Als Mann innerhalb von zwölf Monaten sechsmal, als Frau viermal. Ganz wichtig ist, dass zwischen den einzelnen Blutspenden ein Mindestabstand von 56 Tagen sein muss.


Gibt es Rekordspender?


Es gibt Menschen, die bereits über 200 Mal Blut gespendet haben.


Klasse! Wie läuft eine Blutspende eigentlich konkret ab?


Unmittelbar vor der Blutspende füllt man einen Anmeldebogen aus, lässt den Hb-Wert (der gibt an, wie hoch der Hämoglobin-Gehalt des Blutes ist), die Körpertemperatur, den Puls und den Blutdruck messen und spricht mit einem Arzt. Die eigentliche Blutspende dauert etwa fünf bis zehn Minuten. Danach bleibt man noch zehn Minuten lang entspannt liegen.


Kann ich auch Blut spenden, wenn ich kein Blut sehen kann?


Ja, natürlich. Man muss ja nicht hinschauen. Unsere Mitarbeiter sorgen schon für Ablenkung.


Und wann kann ich wirklich kein Blut spenden?


Wir empfehlen immer, wenn man nicht sicher ist, unsere kostenlose Hotline unter der Telefonnummer 0800 11 94 911 anzurufen.


Und grundsätzlich?


Man muss mindestens 50 Kilogramm wiegen und mindestens 18 Jahre alt sein. Die ehemalige Altersgrenze nach oben von 75 Jahren gibt es inzwischen nicht mehr. Und dann gibt es verschiedene Gründe, warum man vorübergehend oder dauerhaft nicht Blut spenden darf.


Wann ist das der Fall?


Nach einer Tätowierung zum Beispiel kann man vier Monate lang nicht Blut spenden. Man kann das aber im Einzelfall in aller Ruhe mit uns besprechen.


Mittlerweile kann man sich online fürs Blutspenden anmelden. Welche Vorteile hat dies?


Man kann sich die Termine online ganz bequem aussuchen, es gibt deutlich weniger Wartezeiten. Man kann punktgenau kommen, alles ist viel entspannter. Wer mit der Online-Anmeldung nicht so gut klarkommt, kann sich ganz einfach über die kostenlose Hotline einen Termin vereinbaren lassen. Aber auch ohne Termin kann man zur Blutspende kommen. Dann muss man aber gegebenenfalls Wartezeiten in Kauf nehmen.


Nach der Pandemie gibt es jetzt ja auch wieder die Spendetermine außerhalb der zentralen Blutspende-Orte in der Sperlichstraße und der Klarissengasse 9. Wie werden die aktuell angenommen?


Das ist sehr hilfreich und es kommen viele, die vorher noch nie gespendet haben, zum Beispiel zu Blutspendeaktionen in Firmen, Behörden, Verwaltungen oder in den Berufsschulen. Vielen Menschen fällt es leichter, am Arbeitsort oder in der Schule Blut zu spenden. Die Wege sind dann kurz und man muss sich nicht selbst einen Termin organisieren, weil man ja sowieso vor Ort ist.


Bei der Blutspende werden in fünf bis zehn Minuten die benötigten 500 Milliliter Blut abgezapft. Aber findet man immer die Vene und was machen die Kollegen, wenn sich partout die Blutader nicht finden lässt?


Unsere Kollegen sind absolute Profis. Ich habe bislang noch nie gehört, dass sie keine Vene gefunden haben.

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Nach einer Tätowierung darf man vier Monate kein Blut spenden

Was bekommen die Blutspender eigentlich als Belohnung für ihren Aderlass?


Das gute Gefühl, etwas rundum Sinnvolles getan zu haben. Für einen selbst ist jede Blutspende auch ein kleiner Gesundheitscheck. Und danach gibt es eine leckere Stärkung. Wer in der City-Blutspende Blut gespendet hat, bekommt zum Beispiel einen Restaurant-Gutschein und hat die Wahl zwischen acht Lokalen, die mit uns kooperieren.


Noch eine Frage für die letzten Zweifler: Tut eine Blutspende eigentlich weh?


Viele Blutspender sagen, es tut ihnen gut. Eine Blutspende ist auch eine Blutauffrischung, denn der Körper produziert viele neue rote Blutkörperchen. In der Regel wird die Blutspende sehr gut vertragen. Und die Charité hat herausgefunden, dass bei Menschen mit Bluthochdruck dieser sogar durch regelmäßige Blutspenden sinkt.


Geht der Blutspendedienst eigentlich auch mit der Zeit?


Ich denke, ja. Wir sind nicht so spießig, wie manche glauben. Am besten kommt man mal vorbei und probiert das mit dem Blutspenden einfach aus. Wir haben übrigens eine eigene Blutspende-App und sind natürlich auch in den sozialen Medien gut unterwegs.


Eine sehr erfolgreiche Aktion in Münster war ja der Herzensstern-Boulevard in der City, wo Spender einen goldenen Stern auf dem Straßenpflaster bekommen hatten …


Ja, das war sehr erfolgreich. Auf der Beginengasse in Nähe der Stubengasse befindet sich der erste Walk of Fame für Blutspender in Münster. Auf dem Pflaster wurden ab 2009 für einen kurzen Zeitraum Sterne mit den Namen von Erstspendern angebracht. Sehr schnell war jede verfügbare Stelle dort mit einem Stern versehen, sodass wir die Aktion dort leider beenden mussten.


Sie lebt aber weiter, oder?


Ja, bei einigen Stadtführungen sind wir sogar eine Station. Das ist schön, wenn die Blutspende so in der Mitte der Gesellschaft ankommt.


Wie blicken Sie in Sachen Blutspende in die Zukunft?


Ich blicke positiv in die Zukunft. Ich glaube, es ist möglich, den Menschen zu zeigen, wie wichtig die Blutspende für uns alle ist. Jeder kann schon morgen dringend auf eine Bluttransfusion angewiesen sein. Eins unserer Ziele ist es, die Blutspende auf noch mehr Schultern zu verteilen und möglichst viele Menschen von dieser sinnvollen Aufgabe zu überzeugen. Ich sehe da viele zukunftsweisende Ansätze. Ein Beispiel: Wir eröffnen derzeit in vielen Städten sogenannte Pop-up-Blutspenden in leer stehenden Ladenlokalen. In Düsseldorf hat eine Frau vor kurzem in der Pop-up-Blutspende ihren 35. Geburtstag gefeiert. Da wird noch vieles möglich sein.

Claudia Müller
Claudia Müller, Referentin Unternehmenskommunikation, DRK-Blutspendedienst West, Zentrum für Transfusionsmedizin Münster, 58 Jahre, lebt in Münster.

Aktuelle Blutspende-Termine in Münster: www.blutspende.jetzt
Allgemeine Infos: www.blutspendedienst-west.de
Bei Instagram: www.instagram.com/blutspende.jetzt
Service-Hotline: 0800 11 94 911

llustration Thorsten Kambach / Fotos DRK

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