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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Peter Sauer unterhält sich mit Bodo Bach über Rasenmäher, Radiopannen und Rucksäcke

BEST AGER AN DIE MACHT

Bodo Bach gehört zu den beliebtesten Komikern, gerade weil er sich vom Krawall-Humor mancher Kollegen wohltuend unterscheidet. Man kennt ihn auch als regelmäßigen Teilnehmer von Ratesendungen wie „Meister des Alltags“, „strassenstars“ oder „Dings vom Dach“. Unter seinem bürgerlichen Namen Robert Treutel moderierte er in den 1980/90er-Jahren im Radio und TV. Unvergessen seine „Musik Convoy“-TV-Show am 1. Juli 1985 live aus dem Freibad Hiltrup, bei der auch „The Ramones“ live aufraten. Am 3. Dezember kehrt er wieder nach Münster zurück, als Gast der Adam Riese Show im Atlantic Hotel.

Zeichnete sich eigentlich schon in Deiner Kindheit ab, später ein Komiker zu werden?


Mit fünf oder sechs Jahren hatte ich vom Opa einen Bollerwagen bekommen. Ich packte da noch meine Kasperlefiguren drauf und zog mit Freunden durch unsere Siedlung. Das war wohl der kleinste Zirkus der Welt.


Und später in der Schule?


In der Schule hatte ich immer schon ein loses Mundwerk. Bei uns sagt man Mutterwitz. Wegen meiner großen Klappe habe ich wohl auch nie eine aufs Maul bekommen.


Gab es erste Auftritte?


Auf dem Schulfest habe ich „Massachusetts“ von den Bee Gees gesungen – im Vollplayback.


Was war Dein schönstes Kindheitserlebnis?


Das Leben in der kleinen Arbeitersiedlung vor den Toren Frankfurts. Ich sang immer gerne, zum Beispiel „Marina, Marina, Marina“. Und dafür bekam ich leckere Pfannkuchen bei der Nachbarin Frau Caspar.

Lecker. Dann hättest Du ja eigentlich Sänger werden müssen.

Ich habe es aber mit einem Jurastudium probiert. Als Student hatte ich Jobs beim Hessischen Rundfunk als Kabelhilfe und Fahrer. Bei einer ZDF Produktion in Norddeutschland durfte ich Schauspieler Uwe Friedrichsen chauffieren. Der war aber nicht sehr nett zu mir.


In seinen Filmen wirkt er immer so tiefenentspannt…


Von wegen. Ich habe Uwe Friedrichsen von seiner Hotelbude auf einer Nordseeinsel abgeholt. Ich war zu spät. Er sagte zu mir, ich wäre ein blöder Dilettant. Doch es lag am Verkehr, dass ich zu spät kam. Wir kamen zum Drehort. Er regte sich weiter fürchterlich auf.


Gab es trotzdem ein Happy End?


Ja. Denn es gab einen Hamburger Oberbühnenbeleuchter, der stellte sich zwischen uns und sagte: „Das ist der Robert, der ist schwer in Ordnung, ohne den stehen sie im Dunkeln.“ Und Uwe Friedrichsen beruhigte sich. Ich stieg in der Folgezeit allmählich auf, wurde der Assistent vom Assistent vom Assistent, sperrte Straßen für Drehs ab, organisierte, machte die Logistik, die Drehpläne, machte Moderatoren wie Hans-Joachim „Kuli“ Kulenkampff den Kaffee.


Wie war „Kuli“?


Der war unglaublich nett, auch wenn die Kameras nicht an waren. Sehr bodenständig, charmant und immer wertschätzend. Von „Kuli“ habe ich viel gelernt. Weil er so wunderbar authentisch war. Aber meine frühe TV-Zeit war insgesamt der schwerste Teil meines Lebens.


Warum?


Das Jurastudium war nichts für mich. Das habe ich mir aber erst sehr spät – nach neun Semestern im Alter von 22 Jahren – eingestanden. Meine Eltern strichen mir die finanzielle Unterstützung und der Zivildienst wartete auf mich. Ich musste mich also neu orientieren. Um die Zivildienstzeit besser bewältigen zu können, suchte ich nach einem Job im TV-Bereich. Da hatte ich als Student ja bereits Erfahrungen gemacht.


Also musstest Du schnell was Festes finden?


Genau. Und ich hatte großes Glück. Eine TV Produktion in Köln suchte einen Aufnahmeleiter für eine 4-wöchige Filmarbeit. Ich fuhr nach Köln und im Radio lief Phil Collins' „In The Air Tonight“ rauf und runter. Das muss ein gutes Zeichen gewesen sein, denn ich bekam den Aufnahmeleiterjob.

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Kuli war unglaublich nett

So gingst Du also auf Sendung. Wie gelang Dir das?


Die bekannte Redakteurin und Moderatorin Gisela Marx empfing mich morgens um 11 Uhr, hatte einen Weisswein Chardonnay vor sich stehen. Wir sprachen über meine bisherigen TV-Jobs und nach 20 Minuten sagte Gisela: „Da steht ihr Schreibtisch, fangen Sie an.“ Ich hatte meinen ersten großen Job als Aufnahmeleiter. Ich organisierte die Dreharbeiten hinter der Kamera.


Was war Deine erste Produktion?


Wir haben sogenannte Social Spots produziert. Das waren 4-minütige Filmchen über Unfälle im Haushalt. Zum Beispiel ... Wir haben in zig Kölner Hinterhöfen, Gärten und Küchen Haushaltsunfälle inszeniert. Und weil ich das als Aufnahmeleiter sehr gut organisiert habe, sind wir ein paar Tage früher als geplant fertig geworden. Das war bares Geld für Giselas Filmproduktion.


Und was bekamst Du zur Belohnung?


Gisela Marx wollte mich für eine große Werbefilm-Produktion für einen renommierten deutschen Autobauer einsetzen. Und weil der Kunde so wichtig war, fragte sie, ob ich mir dafür meine lange Haarpracht abschneiden ließe. Ich musste mich nicht entscheiden, denn es kam zum Glück ganz anders…


Du wurdest Aufnahmeleiter beim WW-Club…


Ja, ich durfte zwei Jahre die sehr erfolgreiche Freitagabend-Show mit Mareike Amado, Frank Laufenberg und Jürgen von der Lippe betreuen. Wir hatten eine Menge Spaß, aber dann kam der Zivildienst.


Während des Studiums hatte Dich der Zivildienst noch in Ruhe gelassen…


Genau. Ich machte ihn bei der Johanniter Unfallhilfe.


Was waren Deine Aufgaben?


Ich musste zum Beispiel beim Kölner Rosenmontagszug die Idioten davon abhalten, vor die Pferde zu springen. Und so war ich mal chic unterwegs auf Einladung der Plattenfirmen in den Konzerten von Simply Red und Depeche Mode und dann mal in brauner Johanniter-Uniform beim Tina-Turner-Konzert in der Rettungsecke.


WDR-Radiomoderator Wofgang Neumann holte Dich 1983 als Urlaubsvertretung zur WDR-Schlagerrallye, die heute als Kultsendung gilt, weil die Hörer alle Songs auswählten, quer durch alle Genres. Wie verlief Dein Start als Radiomoderator?


Ich habe bei Wolfgang Neumann dreimal im Studio zugeschaut, beim vierten Mal saß ich selbst da. Alleine im Studio. Mit drei Schallplattenspielern und zwei Tonbandgeräten. Ich spielte alle Platten der Hörerhitparade, hatte aber gar kein Timing.


Das heisst?


Weil ich zu viel geplappert hatte, war die Sendung zu Ende, bevor ich Platz 1 spielen konnte. Bei einer Hitparade nicht gerade unwichtig.


Wie reagierte Wolfgang Neumann?


Er nahm es mit Humor und verwies mich auf den internationalen Standard, dass Hitparadensendungen mit Platz 1 enden.


Du durftest also weitermachen?


Ja, und dann kam in der nächsten „Schlagerrallye“ die nächste Panne mit Platz 1.


Nein!


Doch! Kajagoogoo mit Sänger Limahl war mit „Too shy“ auf Platz 1. Ich sagte „Tschüss bis nächsten Montag“ und die Platte lief, diesmal war alles gut im Timing. Doch Kajagoogoo sangen nicht.


Was war passiert?


Ich hatte die B-Seite der Single „Too shy“ gespielt, die Instrumentalfassung. In der 3. Sendung lief dann aber alles rund.


Und wie ging es nach der Urlaubsvertretung weiter?


Nach der Schlagerrallye bis Ende der 90er moderierte ich zahlreiche andere Radiosendungen, wie „Treffpunkt“, „Flippzeit“, „Rucksack“ und „Sonderbar“.


Kult besitzt mittlerweile die TV-Sendung „Musik Convoy“. Gemeinsam mit Alan Bangs hast Du 1985 auch aus dem Freibad Hiltrup live gesendet, mit den Ramones, The Untouchables, OMD und R.E.M.. Habt Ihr damals auch in Münster übernachtet?


Ach was, morgens um 9 Uhr kamen Alan Bangs und ich mit dem Privatauto aus Köln an. Vorbereitungen im Hiltuper Freibad, Proben mit den Bands, Abbau und noch am gleichen Abend wieder Rückfahrt nach Köln. So war das damals. Aber die Location da im Hiltruper Freibad war klasse. Und die Stimmung auch mit dem schönen Blick auf den Kanal.

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Ich habe auch mal im Jovel aufgelegt

Und welche Münster-Erinnerungen hast Du noch?


Ich habe mit Alan Bangs mal im Jovel Platten aufgelegt und weiss, dass in Münster gerne und gut getanzt wird.


Wenn Du jetzt Deine Heimat Köln mit Münster vergleichst…


In Köln herrscht Verkehrschaos. Die Mobilitätswende klappt in Münster besser als in Köln. Autofahrer und Radfahrer leben in Münster ohne Stress zusammen. So ist mein Eindruck.


1994 wird Bodo Bach geboren. Wie kam das?


Aus einer Laune heraus telefoniere ich während einer Hit-Radio-FFH-Sendung mit dem Hotel Hilton in Tokio und versuchte mit genervten Angestellten japanisch zu sprechen. Den Hörern gefiel das sehr gut.


Mit dem hessischen Satz: „Ich hätt’ da gern mal ein Problem.“ wurdest Du dann zu einer festen Größe der FFH-Radio-Comedy. Für Deine Alben warst Du zweimal für den ECHO nominiert.


Das war für eine regionale CD-Veröffentlichung ein großer Erfolg. Mit den Telefonstreichen wurde ich als Bodo Bach dann bundesweit bekannt. Ein erfolgreicher Manager (Badesalz/Nena) wurde auf mich aufmerksam und ebnete mir den Weg auf die Bühne.


Was mir an Deinen Programmen besonders gefällt, sind Dein wunderbar trockener Humor und Deine große Wertschätzung, gerade auch für vermeintliche Randgruppen.


Ja, man muss auch mal eine Bresche für die Generation 50 plus schlagen, Best Ager an die Macht. Die werden stark unterschätzt und weit unter Wert gehandelt.


Wie wahr, wie wahr. Und Mobilität ist für Bodo Bach auch ein wichtiges Thema.


Der Mensch ist immer in Bewegung, vom Kinderwagen bis zum Treppenlift, Hauptsache es geht voran.


Wie im Fehlfarben-Song. Glück spielt aber auch eine Rolle bei Deinen Bühnenprogrammen, oder?


Öl auf Leinwand geht halt ganz schwer raus. Der Bodo fragt sich halt auf gut hessisch, „Werd’ ich vom Pech verfolgt oder geh’n wir nur zufällig in die gleiche Richtung?“ Das heisst: Wenn wir Pech haben, ist das Glück nicht weg. Das hat dann nur ein anderer.


Seit genau 30 Jahren steht Bodo Bach jetzt auf der Bühne.


Selber schuld – er hätte sich ja auch mal hinsetzen können.


Mittlerweile bist Du 66. Da fängt das wahre Leben ja erst an…


Richtig, Peter. Das wusste nicht nur Udo Jürgens. Ich bin zu jung für den Ruhestand und zu alt für Stand-Up-Comedy. Ich mache daher jetzt Ruhe-Stand-Up-Comedy.


Bist Du eigentlich schon mal in Münster aufgetreten?


Mal beim Tennengericht als sogenannter Verurteilter, aber noch nicht auf einer Bühne. Also Bodo ist bereit. Zumal die Westfalen deutlich mehr Humor haben, als ihnen gemeinhin nachgesagt wird.


Wir sind auch bereit, vor allem wenn ich an einen Klassiker von Dir denke, ein Telefonat mit Münster-Bezug, erinnerst Du Dich?


Ja klar. Es ist eine meiner schönsten Telefonstreich-Geschichten. Und die spielte in Münster mit dem 2023 leider verstorbenen Inhaber des Rucksackladens, Hermann Mahlow.


Erzähl bitte…


Ich wollte bei ihm telefonisch meinen Rucksack reklamieren, weil die doch immer mit dem 24 Liter Fassungsvermögen geworben haben. Und ich rief Herrn Mahlow an und sagte ihm, mein Rucksack wäre ausgelaufen, nachdem ich ihn mit 24 Liter Bier befüllt hatte, großes Malheur, und was denn jetzt bitteschön mit der Reklamation und der Garantie wäre. Herr Mahlow legte mehrfach auf. Ich rief mehrfach an. Es wurde sportlich und hitzig.


Und wie ging es aus?


Am Ende gingen wir freundschaftlich auseinander. Wir lachten beide. Klasse. Deshalb ist das Telefonat nach all den Jahren bei mir immer noch in so schöner Erinnerung.


Kann ich verstehen. Was machst Du in Deiner Freizeit?


Zum Beispiel Golf spielen zugunsten der NCL-Stiftung, gemeinsam mit Werner Schulze-Erdel, Jan Josef Liefers und anderen beim Turnier „Der Krimicup“ im Golf-Club Aldruper Heide in Greven. Ich war schon öfters dabei. Die NCL-Stiftung setzt sich für eine Zukunft ohne die tödliche Kinderdemenz Neuronale Ceroid-Lipofuszinose ein. Außerdem engagiere ich mich auch für Jugendprojekte und mit Chris Tall für Ukraineflüchtlinge.


Ich kenne Dich aus den 80ern mit vollen Locken. Wie kommst Du mit Deinem Haarausfall klar?


Der ist erblich. Ich hatte ja lange Zeit gedacht, wenn man was erbt, bekommt man was. Von wegen. Und wenn meine drei Onkel zu Besuch kommen, sieht das von oben aus wie ein halbvoller Eierkarton.

Bodo Bach
Der Ex-Radio- und TV-Moderator (WDR/Hit Radio FFH) Robert Treutel (*25.10.57) alias Comedian Bodo Bach ist gebürtiger Frankfurter. Bekannt wurde er Mitte der 90er-Jahre durch seine Spaßanrufe mit dem Intro: „Ich hätt‘ da gern mal ein Problem.“ Seit 2000 ist Bach als Comedian deutschlandweit auf Tour. Er ist gern gesehener Gast in Comedy- und Quiz-Shows, u.a. bei „Meister des Alltags“ (ARD), „Comedy Contest“ (NDR), „Wer weiß denn sowas?“ (ARD), „strassenstars“, „Dings vom Dach“ (beide HR).
Karten für „Die Adam Riese Show“: www.adamriese.net/show
Bodos Homepage: www.bodobach.de

llustration Thorsten Kambach / Fotos Timm Ortmueller und Robert Maschke

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