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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Arndt Zinkant und Armin Zedler über Fotografie, Prominente und einen Schicksalsschlag

MICK JAGGER VOR DER LINSE

Zu den schönsten Momenten Armin Zedlers Job gehört es, wenn sein Foto gedruckt in der Zeitung vor ihm liegt. Denn die Pressefotografie ist sein erlernter Beruf. Dennoch hat er sich im Zuge seiner Selbstständigkeit auf ein vielseitiges Spektrum verlegt – von Porträtbildern bis hin zu Werbeaufnahmen. Welche Prominenten er bereits ablichtete, verrät uns Armin Zedler im Interview. Und auch, wie er sich nach einer schweren Krankheit zurück ins Leben kämpfte.

Kannst du dich an das erste Foto erinnern, das dich stolz gemacht hat?


Ja – das war tatsächlich mein allererstes Foto, das in einer Zeitung veröffentlicht wurde. Und kein Geringerer als Mick Jagger war darauf zu sehen.


Hatte dich die Zeitung zum Konzert geschickt?


Nein, da bin ich einfach auf eigene Faust hingefahren. Mit 18 hatte ich mir von meinem ersten Lehrlingsgehalt eine Spiegelreflexkamera gekauft – denn ich war schon immer von Fotografie begeistert gewesen. Das betrieb ich dann exzessiv als Hobby, informierte mich über Brennweiten und Objektive und fand heraus, warum ein Teleobjektiv oder ein Weitwinkel so funktionieren, wie sie es tun. Das alles machte mir riesigen Spaß, und irgendwann legte ich mir auch noch ein Schwarzweiß-Labor zu. Dann schließlich, weil ich ein absoluter Stones-Fan war, ging ich zu dem besagten Konzert, das in Köln im Müngersdorfer Stadion stattfand. Ich nahm also meine ganze Kameraausrüstung mit ins Konzert, was damals auch gar kein Problem war. Damit gelang mir dann ein wirklich gutes Foto von Mick Jagger, das ich der lokalen Zeitung anbot. Die haben das dann auch ohne Umschweife gedruckt.


War das der Moment, als du beschlossen hast, Foto-Profi zu werden?


Nein, ich hatte zunächst ja mal Bauzeichner gelernt und Architektur studiert. Meine Mutter war damals Redaktionssekretärin bei einer Lokalzeitung. Dieses Blatt hatte einen festangestellten Fotografen, was damals bei Zeitungen noch üblich war. Während des Studiums habe ich den Kollegen in den Semesterferien und an seinen freien Tagen regelmäßig vertreten. So habe ich dann an einem einzigen Wochenende durchaus auch mal 20 bis 30 Foto-Termine absolviert, darunter auch viele Sporttermine.


Wo du gerade deine Laborausrüstung erwähntest: Gehörst du zu den Puristen, die die Ansicht vertreten, dass das Kreativste in der Dunkelkammer stattfindet?


Nein, denn man konnte ja in der Dunkelkammer nichts korrigieren, was man zuvor beim Auslösen vielleicht verbockt hatte. Was mich interessierte und begeisterte, war immer, mein Foto am Ende gedruckt zu sehen. Dann war ich happy – denn das Foto war quasi mein „Baby“. Teilweise habe ich mich sogar mit den Sport-Redakteuren regelrecht angelegt, wenn sie nicht verstanden, dass dieses oder jenes Detail meiner Meinung nach unbedingt ins Bild musste und nicht beschnitten werden durfte. Ich war dafür bekannt, um ein Bild zu kämpfen. Ein paar Jahre lang ging das so – ich habe immer weniger studiert, dafür immer mehr fotografiert. Natürlich hat dann irgendwann meine Mutter darauf gedrungen, dass eine Entscheidung fällt: Studium oder Ausbildung. Da ohnehin weniger Herzblut im Architekturstudium steckte, entschied ich mich für ein Foto-Volontariat. Nach diesen zwei Jahren wurde ich auch bei einer Tageszeitung übernommen, als vierter Fotograf. Weil ich aber als Letzter kam, durfte ich auch im Zuge von Einsparungen als Erster wieder gehen. Deswegen habe ich mich im Anschluss selbstständig gemacht und eröffnete später in Köln mein eigenes Studio.


Die Digitalfotografie und später die vielen Smartphones haben deiner Branche schwer zugesetzt, oder?


Ja, der Wettbewerb ist eindeutig intensiver geworden. Heutzutage kann sich jeder eine günstige Kamera kaufen, macht ein Blitzlicht drauf, und denkt, er sei nun Fotograf geworden. Mit so was machen manche Leute CD-Cover oder Konzert-Reportagen, obwohl sie gar nicht mehr wissen, was Fotografie wirklich bedeutet. Das finde ich traurig, denn es geht eben nicht einfach nur um Knipsen. Fotografie ist so viel mehr als nur Knipsen ...


Hast du im Job magische Momente?


Ich mag den Umgang mit Menschen und glaube, dass ich auch ganz gut darin bin. Das gehört zum Tollsten in meinem Job als Pressefotograf: die Motive reichen vom Obdachlosen bis zum Bundeskanzler.


Hattest du bekannte Promis vor dem Objektiv?


Ja, zum Beispiel Til Schweiger oder Micaela Schäfer. Oliver Pocher habe ich mehrmals fotografiert für dessen CD- und DVD-Cover sowie auch seine Webseite. Und die Moderatorin Annemarie Carpendale, die damals noch Warnkross hieß, hatte ich am meisten vor der Linse – die ist zeitweise alle paar Monate zu mir ins Studio gekommen. Und so arbeite ich am liebsten: Die Kunden können gerne zu mir ins Studio kommen – oder ich arbeite mit denen an einem Ort derer Wahl. Die Liste der „Prominenten“, mit denen ich in meinem Studio arbeiten durfte ist lang, u. a. gehörten Collien Ulmen-Fernandes dazu, der Moderator Ralf Morgenstern, Comedian Kaya Yanar, der Sportreporter Frank Busemann, dazu auch die in Münster bekannten Götz Alsmann und Oliver Korittke. In der Liste dürfen auch Kai Ebel, Guido Kanz, Hugo Egon Balder oder Janine Kunze nicht fehlen. Als super sympathisch ist mir Steven Gätjen in Erinnerung geblieben. Bekannte Musiker waren auch dabei, wie der jetzt in den Ruhestand getretene Jürgen Drews, auch Guildo Horn, Matthias Reim oder der Partysänger Tim Toupet. Den durch Big Brother bekannt gewordenen Jürgen Milski durfte auch ich mehrfach ablichten – auch an wirklich spannenden Locations – nicht nur im Studio (lacht). Ich war mit Jürgen im Puff.


Promi oder nicht. Was zählt für dich im Ergebnis?


Ich gehöre nicht zu den schwarzen Paparazzi-Schafen, sondern arbeite mit den Leuten zusammen. Die Kunden sollen schöne Fotos bekommen, mit denen sie selber dann auch arbeiten können: Reportagen, Bewerbungsfotos, Hochzeitsfotos, CD-Cover – all das gehört auch jetzt in Münster noch zu meinem Portfolio.

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Top Redakeur, trifft Top Fotografen

Bist du denn ein „Kölsche Jung“?


Nein, sondern ein gebürtiger und eher sturer Sauerländer, was sich später für mich durchaus als Mentalitätsproblem entpuppte, als ich nach Köln gezogen war (lacht). Zum Beispiel im Karneval. Der fröhliche und feierwütige Rheinländer trifft auf den sturen Sauerländer ...


Was hat dich eigentlich nach Münster verschlagen?


Ich habe mich verliebt – allerdings nicht in die Stadt, sondern in eine tolle Frau. Weil sie aber schon seit Ewigkeiten in Münster beruflich gebunden war, haben wir uns damals entschieden, dass ich den Standort wechsele. Ich habe den Umzug hierher auch nicht bereut.


Gibt es einen berühmten „Foto-Helden“, der dein Vorbild ist?


Wie fast alle Fotografen finde ich Helmut Newton und Peter Lindbergh cool. Ansonsten versuche ich, mich von Vorbildern freizuhalten und mein eigenes Ding zu machen. Man muss seine eigene Bildsprache entwickeln, und ich glaube, das gelingt mir auch. Einen „Zedler“ kann man erkennen.


Auf ein ernstes Thema müssen wir noch kommen: deinen Schlaganfall. Wann ist dir das passiert?


Vor fast genau 20 Jahren. Damals war ich 44.


Hatte sich die Katastrophe durch Symptome angekündigt?


Bereits als Kind litt ich immer wieder unter Migräne, die ich mit Tabletten zu lindern versuchte. An diesem Tag war es besonders schlimm gewesen, ich war mit total dickem Kopf durch die Gegend gelaufen, konnte mich kaum noch konzentrieren. Ich arbeitete zu dieser Zeit auch als „freier Fotograf“ für die Bild-Zeitung – war ich zu einem Fototermin nach Düsseldorf unterwegs. Weil wir spät dran waren, hatte ich auf der Autobahn ziemlich auf die Tube gedrückt. Auf einmal sagte ich zu meiner Beifahrerin, einer „Bild“-Redakteurin: „Mit meinem Kopf stimmt was nicht!“ Tja, und dann hat sich der Armin auf der dritten Spur bei Tempo 160 schlafen gelegt.


Um Himmels Willen!


Gerettet hat uns dann meine Beifahrerin, der es irgendwie gelang, mit ihrem Bein hinüberzugreifen, meinen Fuß vom Gaspedal zu schieben und uns ganz vorsichtig auf den Seitenstreifen zu bugsieren. Da hatten wir einen guten Schutzengel, vielleicht auch zehn! Ich kam ins Krankenhaus, wo ein Aneurysma im Kopf festgestellt wurde. Bei meinem Vater war es ähnlich gewesen, nur war das Aneurysma bei ihm im Kopf geplatzt, weshalb er kurz nach seinem Schlaganfall verstarb. Meines war zum Glück nicht geplatzt. Ich wurde dann operiert, deshalb habe ich diese „wunderbare“ Narbe oben an der Stirn. Nach der Operation wurde ich dann 14 Tage ins künstliche Koma versetzt. Im Anschluss kam ich in eine Rehaklinik, wo die kognitiven Fähigkeiten Schritt für Schritt wieder aufgebaut wurden.

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Fotografie ist so viel mehr als nur Knipsen

In welcher Verfassung warst du, und woran konntest du dich erinnern?


Ich saß auf dem Bett und wusste weder, wer ich war, noch wie man so ein blödes T-Shirt anzieht. Irgendwann erzählte ich den Ärzten, ich sei Architekt – denn das hatte ich ja mal studiert. Die dachten, ich sei jetzt plemplem, weil meine Mutter ihnen ja erzählt hatte, dass ich Fotograf bin! Das war schon echt ’ne harte Nummer.


Musstest du das Sprechen neu erlernen?


Gott sei Dank nicht. Und als man mir dann sagte, dass ich Fotograf bin, ging mir ein Licht auf: Stimmt ja, so ist es! Jemand fragte mich dann, ob ich denn auch mal ein Foto machen könnte – und zum Glück konnte ich das! Ich hatte nicht verlernt, wie man eine Kamera hält und bedient. Der Teufel lag wie so oft im Detail – denn als ich wieder anfing zu arbeiten, wusste ich nicht mehr genau, wie man ein Fotoshooting organisiert, was man dafür alles braucht und so weiter.


Ich schätze mal, du hast dein Alltagsleben danach umgestellt?


Allerdings. Bis zum Zeitpunkt des Schlaganfalls hatte ich täglich ungefähr zwei Kannen Kaffee getrunken und manchmal abends um acht den ersten Bissen gegessen. Dafür allerdings auch bis zu drei Schachteln Zigaretten geraucht. Nach den Wochen im künstlichen Koma hatte sich das Rauchen natürlich erledigt – das war wie ein kalter Entzug. Seit ich wieder gesund bin, frühstücke ich wie ein normaler Mensch. Ich trinke nur noch zwei Tassen Kaffee pro Tag und versuche, vernünftiger und maßvoller zu arbeiten. Und natürlich gehe ich regelmäßig zum Arzt zum Vorsorge-Check.


Wird dann auch ein MRT gemacht?


Ja, gelegentlich auch. Glücklicherweise hatte ich vorher abgeklärt, ob die Clips in meinem Kopf aus Metall sind. Sind sie zum Glück aber nicht. Apropos Glück: Noch immer telefoniere ich in jedem Jahr an diesem 8. Dezember mit jener Redakteurin, die uns damals gerettet hat. Insgesamt muss ich sagen: Ich bin nicht böse drum, dass das passiert ist. Letztlich hat es mein Leben zu etwas Besserem gemacht.

Armin Zedler

Die Stadtgeflüster-Leser kennen Armins Fotos seit geraumer Zeit – denn er hat viele unserer Interviews mit der Kamera begleitet. Das hat er auch während eines zweijährigen Foto-Volontariats bei einer Lokalzeitung gelernt. In Köln hatte Armin sein erstes eigenes Fotostudio. Die Liebe verschlug ihn vor Jahren nach Münster. Auch hier gibt es genug Aufträge – und mittlerweile sogar genug Prominente.

www.armin-zedler.de

Illustration Thorsten Kambach / Fotos Armin Zedler

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