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2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Peter Sauer spricht mit Andy Baustein über Vinyltreue, Rühreier und Weihnachten

WENN MUSIK FLÜGEL VERLEIHT

Handgemachte Musik und dann noch auf Schallplatte – das steht bei jungen Musikkäufern und alten Vinylfans wieder hoch im Kurs. Mit seinem Akustikduo „The Kogs“ begeistert Sänger und Musiker Andy Baustein (gemeinsam mit John Orrock). Das Album „Hit the Highway“ wird von Fachpresse und Publikum gelobt und lief auch schon im Radio. Höchste Zeit für ein Gespräch.

Wie hat das bei Dir mit der Musik angefangen?


Ich habe von meinem Vater Rüdiger die Musikalität. Er machte mit den „Troubaderos“ Unterhaltungsmusik. Ich habe noch seine alte Rock’n’ Roll-Gitarre in meinem Wohnzimmer stehen. Als kleiner Junge habe ich mich immer selbst in den Schlaf gesungen.


Hast Du auch so viel Radio gehört wie ich?             

                                                                                              

Ich nahm als Jugendlicher meine Musik immer per Kassette von „Mal Sondocks Hitparade“ im WDR auf und war 1986 Mitglied der Hörerjury der „WDR-Schlagerrallye“.


Mit 18 hast Du bei der Funkband „Four7Eleven“ vorgesungen. Wie lief das Casting?


Obwohl ich die Jungs gut kannte, war ich aufgeregt, das erste Mal vor Menschen zu singen. Ich konnte sie zwar mit meiner Stimme überzeugen, aber sie suchten eigentlich eine Frau. Durch das positive Feedback angespornt, habe ich mich auf eine weitere „Musiker sucht Sänger“-Anzeige gemeldet und war sofort dabei: Das war 1990 am Tag der Gründung von CharMana.


Wer hat Dir eigentlich das Singen und Musik machen beigebracht?   

                                                        

Ich bin Autodidakt, hatte nie einen Gesangs- oder Musiklehrer. Bluesharp, Melodica und Conga habe ich mir genauso selbst beigebracht, wie das Singen auch.


Was bedeutet Dir das Singen?                 

                                                                                                          

Singen ist für mich eine Form, um sich frei zu fühlen, alles rauszulassen, Emotionen pur zeigen zu können. Singen ist für mich so schön wie Fliegen, das ist grenzenlose Freiheit.


Wie trainierst Du Deine Stimme?                         

                                                                              

Regelmäßiges Proben ist wichtig, um im Flow zu bleiben, zur Not auch im Auto oder unter der Dusche. Meist nehme ich einen bekannten Song, dessen Gesang außerhalb meiner Range liegt und versuche, ihn so zu singen, bis es einigermaßen gut klingt. Ich brauche diese Herausforderung, um zu wachsen.


Und was bedeutet Dir Musik?                             

                                                                                                   

Ich stehe mit Musik auf und gehe mit ihr ins Bett. Manchmal begleitet mich ein Song auch länger, ich schalte das Radio ein und dann läuft er dort plötzlich. Ohne Musik wäre mein Leben farblos. Musik ist sehr heilsam und hilft auch wunderbar, um aus Stresssituationen herauszukommen. 


Warum nennt Ihr Euch „The Kogs“?                                                

                                                                  

Das war Johns Idee. Er war von Anfang an der Meinung, dass meine Stimme und sein Gitarrenspiel wie zwei Zahnräder (engl. „Cogs“) zusammenpassen würden. Den Anfangsbuchstaben haben wir gegen ein „K“ getauscht, nicht zuletzt, um uns auch bei Suchanfragen im Internet abzugrenzen.


Wie kam es zur Gründung von The Kogs? Wie hast Du John Orrock kennengelernt?                  


John war mal Gitarrist bei CharMana. Nach seinem Ausstieg gab es eine Sendepause. Als im Frühjahr 2021 die Coronaauflagen immer strenger wurden und Zusammenkünfte nur noch mit zwei Haushalten möglich waren, meldete er sich mit dieser Acoustic-Duo-Idee. Das konnte passender nicht sein, denn schließlich war das Proben in voller Bandstärke ja nun für unbestimmte Zeit nicht mehr möglich.

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Die drei Songs entstanden an nur einem Abend

Wie entstanden die ersten drei Songs von The Kogs?      

                                                                                  

Sie entstanden an nur einem Abend nach dem Genuss einiger Gläser Rotwein bis nachts um 3 Uhr. Der Moment war groß, weil wir gespürt haben, da geht mehr.


Um welche Themen geht es in Euren Songs?                         

                                                                       

Es geht um die Aufs und Abs der Liebe, unerfüllte Sehnsucht und die Förderung des Selbstbewusstseins, wie im Titelsong „Hit the Highway“: einfach Dinge zu machen, statt sie lange herumzudenken. In „A Prayer for the Dying“ geht es um die ökologische Zerstörung des blauen Planeten. Über die Wut über Menschen, die uns indoktrinieren, geht es in „Outta Control“. Der Song könnte auch über Trump sein. 


Was ist Dein Lieblingssong?


Das ist „Needles in the Park“. Ein Come-Closer-Song. Gerade jetzt ist es wichtiger denn je, wieder näher zusammenzurücken. Schaut auf Euren Nachbarn, dreht Euch nicht weg, wenn jemand bedroht wird, bietet Eure Hilfe an, wenn es nötig ist. 


Ist es schwieriger oder leichter als Duo aufzutreten?                       

                                                                  

Zu zweit und akustisch kann ich viel inniger und filigraner singen als mit einer elektrisch-verstärkten, fünfköpfigen Band im Rücken. Als Duo über 90 Minuten die Spannung hochzuhalten, ist zwar wesentlich anspruchsvoller, aber beides hat seinen Reiz.


The Kogs spielen eigene Songs und das Cover „Last Christmas“. Was unterscheidet es von Wham?                   


Das Original ist eher zart und zurückhaltend interpretiert, sehr poppig produziert. In dem Song steckt aber auch viel Kraft und Verzweiflung. Das wollten wir mit unserer Version transportieren.


Wie waren die Reaktionen auf Euer „Last Christmas“?                       

                                                         

Für viele haben wir den Song wieder hörbar gemacht. Einige Zuhörer*innen haben, nach anfänglichen Zweifeln, für unsere Version sogar ihren „Last-Christmas-Bann“ gebrochen und den Song doch in ihre Playlisten aufgenommen. 


Du hast früher Spielzeug und Comics verkauft, heute machst Du An- und Verkauf von Schallplatten. Was war Dein kostbarster Fund?                    

                                                                        

Das war „Cannonball Adderley: Somethin‘ Else“ – eine Monopressung auf Blue Note von 1958. Die Platte befand sich in einem Konvolut. Beim Kauf wusste ich nicht, was ich da für eine Rarität in der Hand halte. Am Ende erzielte das Schätzchen einen knapp vierstelligen Betrag.


Ist es manchmal nicht schwer, die Platten nicht für sich zu behalten?             

                                   

Ja, ich muss mich zügeln. Teure Sammlerstücke werden aber sofort verkauft, da habe ich kein Problem. Stell dir vor, der Konditor würde seine leckersten Torten selbst essen.


Gehst Du für Sammler detektivisch auf die Suche nach der Sehnsuchtsplatte?     

                     

Ich habe ein Elefantengedächtnis. Drei Jahre in Folge hat mich ein Sammler auf einer Börse immer nach der gleichen Platte gefragt. Mir sagten weder Titel noch Interpret etwas, aber ich muss es wohl abgespeichert haben. 2025 war diese Platte in einem Sammlungsankauf dabei. Bei der darauffolgenden Börse habe ich sie dem Sammler unter die Nase gehalten. Er konnte sich nicht mehr beruhigen, dass ich das noch auf dem Schirm hatte.


Was zeichnet einen guten Schallplattenhändler aus?                           

                                                               

Du musst wissen, worüber Du sprichst. Plattensammler wissen genau über Pressungen, Erscheinungsjahre, Erhaltungszustände und ihre Interpreten Bescheid. Wenn Du da anfängst, Märchen zu erzählen, bist Du raus. Mir ist der persönliche Kontakt wichtig. 


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Ja ich muss mich zügeln

Wie hat sich der Markt auf den Schallplattenbörsen verändert?        

                                                        

Vinyl war im Grunde nie weg. Es gibt kaum einen aktuellen Film oder eine Serie, in der die Protagonisten nicht eine Platte mit viel Knistern auflegen, um die Szene authentisch oder heimelig wirken zu lassen. Neben dem Hörerlebnis gibt es mediale Akzeptanz und Nostalgie. Für Händler bedeutet das eine steigende Nachfrage, aber auch weniger Möglichkeiten, günstig anzukaufen. Deswegen haben sich in den letzten Jahren die Preise bei den meisten Genres fast verdoppelt.


Warum ist Dein Pseudonym Andy Baustein?                                     

                                                                                   

Als The Kogs ins Leben gerufen wurden, war es ein Neuanfang. „Andy Baustein“ steht für freigeistige Kreativität. Wer hat es nicht geliebt, als Kind die tollsten Türme zu bauen, auch wenn sie drohten einzustürzen? Außerdem bieten Bausteine auch ein solides Fundament – nicht ganz unwichtig, wenn man selbständig ist.


Ihr wart gerade im Studio. Was können wir erwarten?                      

                                                        

Es gibt eine neue Single über Verlust und Endlichkeit. Diesmal nicht auf Englisch. Das Thema hat John und mich 2025 persönlich betroffen und wir möchten das mit Euch teilen. Voraussichtlich erscheint der Track im Januar.


Was war die lustigste Konzert-Panne?                                           

                                                                                 

Das Kurioseste war das Catering in einer Kneipe bei Rahden. Es gab Rührei, kredenzt in einer riesigen Blechschüssel, aus der wir uns alle bedienten. Danach stellte sich heraus, dass die schmutzigen Finger des Wirtes nicht vom Kochen kamen. 


Sondern?


Der Wirt hatte zuvor an einem alten Bus geschraubt und die ausgewechselte Ölwanne als Servierblech für das Rührei benutzt. Nicht ohne uns anschließend zu versichern, er habe sie gründlich ausgewaschen.


Hast Du eigentlich Kraftquellen?


Familie ist mir wichtig. Ohne meine Tochter wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin. Sie ist mir eine große Inspiration. Als Independent-Autorin mit vier veröffentlichten Büchern hat sie mir gezeigt, wie wichtig es ist, dem eigenen Herzen zu folgen. Ich ziehe viel Kraft aus meiner Arbeit und Musik, sie sind auch meine Takt- und Sinngeber.


Was planst Du für 2026?


Mehr Konzerte geben. Es wird ein spannendes 2026, denn The Kogs, John und ich, haben runden Geburtstag. Das werden wir musikalisch feiern. 


Wie feierst Du Weihnachten?


Ich werde mich an den Feiertagen aus dem Trubel zurückziehen, im kleinen Kreis die Ruhe genießen und 2025 Revue passieren lassen. 


Andy Baustein

Andy Baustein (André Schroeter), geboren am 21.1.1971, seit 1990 Sänger bei CharMana (die Band macht gerade kreative Pause), seit 2023 bei The Kogs. Man kennt Andy von Konzerten auf dem Eurocityfest, im Jovel oder bei der Grünflächenunterhaltung. Mit The Kogs bespielt er auch Weihnachtsmärkte, fünf Mal allein in Hamm.
Mehr Infos: www.thekogs.com; www.facebook.com/thekogs/; www.instagram.com/the_kogs/

Illustration Thorsten Kambach / Fotos Armin Zedler

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