top of page
Stadtgeflüster Logo 2018.png
Heinz-Erhardt-Revue_Billboard_960x180px.jpg
2022-11-07 Stadtgeflüster Illustration Ekki kurz.tif

Tom Feuerstacke und Andrés Heinemann besprechen einen Flughafenablauf

MIT ÜBERSICHT UND RUHE

Mit ruhiger Hand und klarer Vision übernimmt Andrés Heinemann ab dem 1. Januar die Leitung des Flughafens Münster/Osnabrück. Der gebürtige Osnabrücker und studierte Betriebswirt kennt den Flughafen seit Jahren. Als Marketingchef liegt u.a. auch die Gestaltung des Flugplans für die Region in seinem Aufgabenbereich und hat das Wachstum nach Corona entscheidend geprägt. Im Gespräch erzählt er, wie der FMO als regionaler Standortfaktor funktioniert, welche Herausforderungen Staatsbesuche oder die Pandemie mit sich bringen und warum Nachhaltigkeit und Innovation für die Zukunft des Flughafens so wichtig sind. Dabei wird deutlich: Andrés Heinemann verbindet Professionalität mit Bodenständigkeit und zeigt, dass der FMO auch in turbulenten Zeiten ein sicherer Hafen für Passagiere und Region ist.

Andrés, wenn man in so einer Branche arbeitet, die von so viel Emotion lebt wie die Luftfahrt – wie wichtig ist es da eigentlich, dass du dich persönlich mit deinem Unternehmen identifizierst?


Sehr wichtig, wenn du mich fragst. Natürlich kannst du das Ganze auch nüchtern betrachten. Zahlen, Bilanzen, Prozesse und gut ist es. Aber die Wahrheit ist doch, dass unsere Branche weit mehr ist als reine Verwaltung. Fliegen, Reisen – das löst bei den meisten Menschen etwas aus. Jeder war schon mal im Urlaub, jeder hat schon mal diesen Moment gespürt. Am Gate stehen, Vorfreude im Bauch, gleich geht’s los. Und genau da liegt die Stärke. Wenn du selbst Freude an diesem Thema hast, wenn dich Reisen nicht kaltlässt, sondern du dir vorstellen kannst, dass es Menschen bewegt, dann gehst du mit einer ganz anderen Haltung an die Arbeit. Und wenn du dich dann noch mit dem Unternehmen identifizierst, das du nach außen vertrittst, dann passt’s. 


Ab dem 1. Januar übernimmst du offiziell die Leitung. Was sind die ersten Themen, die du dir vornimmst?


Zunächst geht es darum, den eingeschlagenen Weg fortzuführen. Dass die Gesellschafter auf eine interne Lösung gesetzt haben, zeigt ja, dass die Richtung stimmt. Wir haben den Flughafen nach Corona stabilisiert und die Fluggastzahlen sehr erfolgreich ausgebaut. Da gab es keinen Grund für einen Kurswechsel um 180 Grad. Gleichzeitig bleibt die Branche stark in Bewegung. Das heißt: neue Anforderungen, neue Märkte, die wir im Blick haben müssen. Ein konkretes Beispiel ist der Geschäftsreiseverkehr, der sich in Deutschland deutlich langsamer erholt hat als in vielen anderen europäischen Ländern. Im Gegenzug wächst der touristische Bereich weiter stark. Darauf haben wir reagiert und den Flugplan entsprechend angepasst, mit einer klaren Ausrichtung auf Urlaubs- und Familienreisen.


Was heißt das konkret für den Flugplan in Münster/Osnabrück?


Mit Lufthansa haben wir eine hervorragende Anbindung nach München und von dort weiter in die ganze Welt. Diese Verbindung ist gerade für die regionale Wirtschaft wichtig. In den vergangenen zwei Jahren haben aber vor allem die touristischen Ziele geboomt und wir haben das Angebot auf den wichtigsten Strecken massiv ausgebaut. Ziele wie Mallorca oder Antalya bedienen wir in der Sommersaison inzwischen bis zu sechsmal täglich. Das bringt Flexibilität und macht uns für Reisende in der Region sehr attraktiv. Dadurch konnten wir unser Einzugsgebiet von rund 3,5 Millionen Einwohnern besser ausschöpfen. 2023 haben wir die Marke von einer Million Fluggästen wieder erreicht, 2024 lagen wir rund 30 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Jetzt geht es darum, diese Entwicklung zu stabilisieren und genau zu prüfen, wo wir noch nachsteuern können – also welche Ziele fehlen oder bei welchen Routen zusätzliche Frequenzen sinnvoll wären.


Geht es für dich als künftigen Geschäftsführer eigentlich nur um den Flugplan, oder kommen da noch ganz andere Aufgaben auf dich zu?


Der Flugplan ist natürlich ein zentrales Thema, und das habe ich in den vergangenen Jahren als Marketingleiter mit meinem Team federführend betreut. Aber als Geschäftsführer erweitert sich das Aufgabenfeld deutlich. Da geht es nicht nur um die Frage, welche Ziele wir ins Programm aufnehmen oder wie oft Mallorca und Antalya bedient werden. Ich bin dann unter anderem auch für die gesamte wirtschaftliche Steuerung des Flughafens verantwortlich, also für Personal, Finanzen, Infrastruktur und strategische Projekte. Ganz konkret stehen wir Ende des Jahres vor größeren personellen Veränderungen. Einige Führungskräfte, die den Flughafen über Jahrzehnte mitgeprägt haben, gehen in den Ruhestand. Das betrifft nicht nur den Geschäftsführerposten, sondern auch wichtige Ressorts. Wir müssen also rechtzeitig Nachfolger finden und diese Einarbeitung jetzt schon vorbereiten, damit wir Ende des Jahres einen reibungslosen Übergang haben. 


probe1.jpg

Der Flugplan ist sicherlich ein zentrales Thema.

Ein anderes Dauerthema ist die Startbahn. Immer wieder kommt die Frage: Muss die verlängert werden, wenn es doch schon ein Einzugsgebiet von rund 3,5 Millionen Menschen gibt?


Das Projekt um eine mögliche Verlängerung der Start- und Landebahn wird bereits seit 2017 vom FMO nicht weiterverfolgt. Aber die Frage nach dem Einzugsgebiet ist unabhängig davon zu sehen.  Zunächst ist wichtig zu verstehen, was dieses Einzugsgebiet bedeutet: Es beschreibt die Zahl der Menschen, für die der Flughafen Münster/Osnabrück der nächstgelegene Flughafen ist. Das sind rund 3,5 Millionen Einwohner; vom Kind bis zum Senior. Natürlich bedeutet das nicht, dass alle jedes Jahr fliegen. Aber es ist eine gute Ausgangsbasis, weil wir wissen, dass diese Menschen grundsätzlich eher bei uns starten, als zu einem weiter entfernten Flughafen zu fahren. Um die Leistungsfähigkeit und Perspektive eines Flughafens einzuschätzen, betrachten wir mehrere Faktoren. Kaufkraft, wirtschaftliche Struktur, also wie viele international tätige und exportorientierte Unternehmen in der Region ansässig sind, und den generellen Reisebedarf. Dazu kommt immer auch die Wettbewerbssituation. Die Infrastruktur des FMO ist gut aufgestellt. In der jüngeren Vergangenheit haben wir auch kräftig in eine umfassende Modernisierung investiert, sei es im Terminal, bei der Gastronomie, auf den Parkplätzen oder auch in neue WC-Anlagen. Trotzdem werden auch in Zukunft weitere bauliche Maßnahmen auf der Agenda stehen.  


Vor gut zwei Jahren fand in Münster das G7-Außenministertreffen statt. Der FMO hatte dabei eine Schlüsselfunktion. Für einen Flughafen in dieser Größenordnung ist das sicher kein Alltag. Wie muss man sich die Abläufe vorstellen, wenn auf einmal Maschinen aus aller Welt mit hochrangigen Regierungsmitgliedern landen?


Von der reinen Zahl an Passagieren ist ein solcher Tag gar nicht außergewöhnlich. Im Sommer haben wir regelmäßig Nächte, in denen acht bis zehn Urlaubsmaschinen mit jeweils fast 200 Menschen starten und landen. Das ist für die Abfertigung logistisch sogar größer. Der Unterschied liegt aber im Detail. Bei einem G7-Treffen geht es nicht darum, 1500 Leute gleichzeitig durchs Terminal zu bringen, sondern darum, dass alles minutiös abgestimmt ist. Da wird wochen- und monatelang im Voraus geplant, zusammen mit den Protokollabteilungen der Regierungen, mit Sicherheitsbehörden und der Bundespolizei. Welches Flugzeug rollt zu welcher Position? Wo genau steht die Fahrzeugkolonne, die den Minister abholt? Wie viele Sicherheitsfahrzeuge fahren gleichzeitig mit, und wo befinden die sich im Vorfeld? Das Ganze ist ein hochpräziser Ablauf, der auf die Minute genau funktionieren muss. Wenn ein Außenminister aus dem Flieger steigt, muss die richtige Kolonne schon bereitstehen, und zwar im Sicherheitsbereich, unter unserer Koordination. Da kann man nicht einfach mal ein Tor öffnen und sagen: „Jetzt kommt mal rein.“ Jede Bewegung ist durchgeplant. Für uns bedeutet das eine enorme logistische Herausforderung, aber auch eine Chance, zu zeigen, dass wir als Flughafen in der Lage sind, solche Aufgaben absolut professionell zu stemmen.


Trotz dieser hohen Anforderungen scheinst du mit deinem Team diese besonderen Einsätze mit Begeisterung anzugehen. Was macht den FMO für euch so besonders?


Ein großer Teil unserer Mitarbeiter ist bereits seit vielen Jahren am FMO. Wir haben eine sehr geringe Fluktuation, was zeigt, dass die Leute sich stark mit dem FMO identifizieren, und 30-jährige oder sogar 40-jährige Dienstjubiläen sind keine Seltenheit. Das hier ist kein x-beliebiges Unternehmen. Für uns ist der Flughafen ein Leuchtturmprojekt, etwas, das die Region prägt und auf das wir stolz sein können. Natürlich heißt das nicht, dass es immer einfach ist. In der Hochsaison, etwa zu Sommer- oder Herbstferien, sind die Arbeitstage lang, manchmal geht das Team richtig auf dem Zahnfleisch. Aber gerade diese Mischung aus Routine und besonderen Herausforderungen macht den Arbeitsplatz spannend. Wir erleben, wie Politik, Wirtschaft und Menschen aus aller Welt hier zusammentreffen. Das motiviert alle und schafft eine starke Bindung an den Flughafen.


probe1.jpg

Die Infrastruktur des FMO ist gut aufgestellt.

Wo siehst du die größten Herausforderungen für den FMO in den nächsten Jahren?


Zum einen sind da die wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir müssen betriebswirtschaftlich solide arbeiten und zeigen, dass der Betrieb des Flughafens kostendeckend ist.  Gleichzeitig ist unser Geschäft volatil. Fluggesellschaften ändern ihre Routen, Ziele fallen weg oder neue Märkte entstehen. Da muss man flexibel reagieren und Entscheidungen schnell treffen. Sorgen machen aktuell die extrem hohen staatlichen Kosten in Deutschland. Luftverkehrssteuer, Luftsicherheitsgebühren oder die Flugsicherung sind deutlich teurer als bei unseren europäischen Nachbarn. Man merkt, dass Airlines mittlerweile lieber andere europäische Märkte anfliegen und einen Bogen um Deutschland machen. Zum anderen steht die Zukunftstechnologie im Fokus. Wir wollen den Flughafen nachhaltig gestalten – ein sehr ambitioniertes Ziel, denn bis 2030 wollen wir CO2-neutral operieren. Das betrifft Energieversorgung, Gebäudemanagement, Fahrzeuge, etc. Aber auch bei den Flugzeugen schreitet der technologische Fortschritt voran. Wir beschäftigen uns mit emissionsfreien Antrieben.  Elektroflugzeuge, Wasserstofftechnologie und kleinere Flughäfen wie der FMO können hier sogar schneller testen und implementieren.


Wie sieht das konkret aus, diese nachhaltige Ausrichtung?


Wir optimieren die Energieeffizienz der Gebäude, setzen auf moderne Heizungs- und Kühlsysteme und regenerative Energiequellen, und unser Fuhrpark wird sukzessive elektrifiziert. Und auf Flächen, die früher einmal für eine Verlängerung der Start- und Landebahn vorgesehen waren, planen wir einen großen Energiepark mit PV-Anlagen. Beim Thema Flugzeuge arbeiten wir eng mit Forschungsgruppen zusammen. Erste elektrische Flugzeuge sind bereits im Testbetrieb, langfristig könnten auch Wasserstoffmaschinen eingesetzt werden. Für uns ist klar: Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Marketingthema, sondern eine strategische Aufgabe, um den FMO zukunftssicher zu machen und den Standort Münsterland nachhaltig zu stärken.


Und persönlich: Wenn du als neuer Geschäftsführer auf die kommenden Jahre schaust – was ist deine wichtigste Aufgabe?


Meine zentrale Aufgabe ist, die Balance zu halten. Wirtschaftlich stabil bleiben, den Passagierbetrieb attraktiv gestalten, Nachhaltigkeit vorantreiben und gleichzeitig Innovationen fördern. Wir wollen, dass der FMO auch in 40 Jahren noch existiert, modern ist und einen Beitrag für die Region leistet. Dazu gehört, dass man Trends früh erkennt, flexibel bleibt und schneller handelt als andere Flughäfen. Und natürlich, dass man den Mitarbeitenden ein Umfeld bietet, in dem sie sich wohlfühlen, sich mit dem Flughafen identifizieren und motiviert bleiben. Das ist der Schlüssel für langfristigen Erfolg.


Andrés Heinemann

Der 1971 in Osnabrück geborene Betriebswirt ist Fachmann für Marketing, Banken und Finanzierung sowie Statistik. Sein größtes Hobby aber ist das Reisen. Wen wundert es? Ab dem 1. Januar kommenden Jahres ist er der neue Chef des FMO.

Illustration Thorsten Kambach / Fotos Erik Hinz

Junge Köpfe.gif
bottom of page