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Evelyn Schwarz präsentiert Dominik Irtenkauf stolz Ihre Puppen

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Evelyn Schwarz hatte vor ein paar Jahren die zündende Idee: Sie schaffte Sexpuppen für ihr Bordell an. Was mit zwei Puppen begann, ist mittlerweile zu einem „BorDoll“ ausgewachsen, wie sie es nennt. Das Angebot stößt auf große Nachfrage. Aber Obacht! Don’t try this at home! Bevor wir in schlüpfrigen Details versinken, lassen wir die erste Puppenpuffmutter Deutschlands doch lieber selbst erzählen. 

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PUPPENPUFFMUTTER

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Wie bist du auf Idee eines BorDolls gekommen?

Dieses Bordell gibt es bereits seit 2014. Zurzeit ist es schwierig, passenden Nachwuchs zu finden. Wie in vielen Bereichen. Als ich 2017 vor der Pleite stand, habe ich mir gedacht, warum sollten solche Sexpuppen nicht den sexuellen Part abdecken und ein bisschen Geld einspielen? 

 

So kamen also die Puppen ins Bordell?

Ich habe mir zwei Testpiloten angeschafft. Sonntags stellte ich die Anzeige online – die war noch keine fünf Minuten veröffentlicht, da klingelte bereits das Telefon. Aus zwei Dolls sind jetzt achtzehn geworden. Nun sind wir komplett voll, da passt keine mehr, außer wir stapeln die übereinander. (Lacht)

 

Werden die Puppen von euch aufs Zimmer gebracht oder muss der Kunde die selbst mitnehmen?

Wir haben zwei Loungebereiche. Da sind die Puppen schön auf Sofas drapiert, und den ersten Weg muss der Mann natürlich selber machen, damit er überhaupt weiß, womit er es zu tun bekommt. Viele Männer denken, das wäre wie früher mit den aufblasbaren Puppen, die wiegen nichts, aber der Name „real doll“ kommt nicht von ungefähr. 

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Wie viel wiegen die denn?

Zwischen 18 und 40 Kilo, je nachdem, wie viel Silikon verarbeitet ist. Die Hausdame muss sowieso immer schon schwer schleppen. Die Puppen müssen ja nach getaner Arbeit wieder gereinigt werden. Da müssen die Damen nicht auch noch die Puppen tragen. Außerdem sähe es ja komisch aus, wenn eine Frau dem Mann eine andere Frau aufs Zimmer trägt. (Lacht)

 

Allerdings! Stichwort: Reinigung. Die werden gleich im Anschluss gesäubert? Gibt es noch Kunden, die skeptisch wegen der Hygiene sind?

Ja, natürlich. Wir haben Kunden dabei, die schon sagten, bevor ich die Doll bezahle, werde ich die Beine spreizen und riechen! Ein Kunde war wohl in Hamm in einem Etablissement, wo eine solche Puppe lag. Als er ans Eingemachte gehen wollte, ist er fast nach hinten gekippt. Sie war nicht gereinigt! Er hat auch kein Geld wiederbekommen. Bei uns sagte er dann: Okay, das riecht nach Desinfektionsmitteln. Das ist okay, dann habe ich was mit der Puppe.

 

Es gibt also schon einen Markt für Sexpuppen in Bordellen?

Das ist schon richtig, aber momentan profitiere ich von Etablissements, die versuchen, das nachzumachen, aber nach einigen Wochen scheitern und mir dann die Puppen günstig verkaufen. 

 

Woran liegt das?

Viele haben schon wegen Hygiene dichtmachen müssen, weil sie nicht wissen, wie’s funktioniert – wenn das Gesundheitsamt vor der Tür steht, müssen sie sich rechtfertigen, was für Mittel sie benutzen. Das gehört zu unserem Betriebsgeheimnis, das geben wir nicht raus. Bei uns funktioniert’s – das ist so abgenommen. 

 

Puppen im Bordell stellen also eine Herausforderung dar?

Man muss bedenken, dass man auch nicht von heute auf morgen Pizzabäcker wird. Man muss schon im Rotlichtbereich etwas Ahnung haben. Wie spreche ich den Kunden an? Wo mache ich Werbung? Es ist ja nicht überall erlaubt. Wenn ein Nippel rausguckt, dann wird man bereits gesperrt und solche Geschichten. Da fehlt vielen das Know-How.

 

Inwiefern?

Die sehen das im Fernsehen und denken, da kann ich flott reich werden. Die checken nicht, dass man die Puppen etwa nach einem halben Jahr wieder neu kaufen muss, weil sie nicht ewig halten.

 

Für die Puppen stehst du mit einem Händler in Kontakt? Werden die individuell hergestellt?

Man kann die entsprechend anfertigen lassen. Aber die Hersteller haben so viele Sexpuppen im Angebot, die alle unterschiedlich sind. Da muss man sich den Aufwand gar nicht mehr machen, sich etwas basteln zu lassen.

 

Werden die menschenähnlicher?

Klar, die Technik schreitet voran. Allerdings würde sich das für unser Gewerbe nicht rentieren. Die Puppen sind dann einfach zu teuer. Dann müsste ich die direkt wieder zu einem teuren Buchungspreis ausgeben. Da könnte der Kunde gleich zu einer richtigen Frau gehen.

 

Zu viel Technik hilft dann auch nicht?

Unsere Puppen sind sehr häufig in der Reinigung und in Kontakt mit Wasser und Ähnlichem. Je mehr Technik verbaut ist, desto sensibler ist das Ganze. Zu uns müsste dann wahrscheinlich täglich der Techniker kommen. Das ist alles andere als rentabel.

 

In der Roboterforschung verschwimmen teilweise die Unterschiede zwischen Mensch und Maschine. Ist das bei euch auch so?

Ich denke, dass wir in 20 Jahren so weit sind, dass, wenn wir miteinander telefonieren, nicht wissen, ob wir jetzt Roboter sind oder nicht? Das wird sicher so weit gehen. 

 

Wie viele Frauen arbeiten bei euch noch – oder hast du dich nur auf Puppen spezialisiert?

Nee. Ich lasse es nebenbei noch herplätschern. Ich selbst arbeite noch aktiv am Gast als Domina und Prostituierte. Da ist es gut, wenn man noch Kolleginnen hat, die man anbieten kann, wenn man weg ist. Es stehen nicht alle Kunden auf diese Sexpuppen, weil man ja bedenken muss, dass die passiv sind. Wir sind zu sechst momentan, aber das kann sich täglich ändern.

 

Bei den Puppen gibt es keinen Ein-/Aus-Knopf, dass die sich bewegen? 

Nee, Bewegung gibt es gar nicht. Wir probierten ein Touch-Voice-System aus. Da ist ein Knopf im Kopf verbaut – wenn man den drückt, die Brüste knetet oder die Doll penetriert, fängt sie an zu stöhnen. Wir haben aber rasch gemerkt, dass das den Gästen zu viel wird. Die, die wirklich zu Puppen gehen, wollen ihre Ruhe haben. Sie schätzen das Passive.

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Im taz-Interview stand, dass vor allem Ehemänner gern zu den Puppen gehen, da sie dann kein schlechtes Gewissen wegen Ehebetrugs bekommen?

Es ist letztlich ein großes Sexspielzeug. Ganz so, als wenn die Frau abends einen Dildo aus der Schublade holt, so ist es bei uns auch. Nur, dass bei uns noch bisschen mehr dranhängt an dem Objekt. Es geht keine Gefahr von dieser Puppe aus, wie bei einer echten Prostituierten, dass sich der Mann verlieben kann oder andersrum die Frau sich verliebt und es zu einer Affäre kommt. Dann nämlich wird es gefährlich für die Ehefrau oder den Ehemann. Das findet mit der Puppe nicht statt. Absolut bedenkenlos, also.

 

Gibt es Wechsler unter den Männern?

Ja, hauptsächlich. Viele wollen halt immer mal eine andere ausprobieren. Da kann man auch nicht sagen, wenn er das erste Mal bei einer skinny doll war, also einer ganz dünnen Puppe mit wenig Brust, dass er nicht beim nächsten Mal zu einer geht, die einen richtig dicken Arsch und dicke Brüste hat. 

 

Es gibt also nicht eine Lieblingspuppe?

Häufiger ist es so, dass sie wechseln. Es ist eher weniger der Fall, dass die immer zu ein- und derselben Puppe gehen. Das funktioniert auch nicht langfristig, weil wir die ja ab und zu austauschen müssen, wenn die durch sind.

 

Ich meinte auch, zwischen Frauen und Puppen wechseln.

Ja, das gibt es. Ich nehme mal an, dass das von der Tagesform abhängt. Habe ich heute eher Lust auf mehr Action? Dann nehme ich eine echte Frau. Habe ich Lust, egoistisch zu sein, keine Rücksicht auf die Emotionen einer anderen Person zu nehmen, gehe ich zu einer Puppe. 

 

Wie ist das, wenn du Kolleginnen triffst und die wissen, dass du Puppen anbietest, sind die neidisch auf die Spielzeuge oder fürchten um ihren Arbeitsplatz?

Die Puppen nehmen insofern die Arbeit weg, weil die echten Dienstleister ihre Kunden enttäuschen. Ein Beispiel: Die Dienstleisterin macht die Tür auf und sieht nicht so aus wie auf dem Foto. Die Dienstleisterin hält nicht den Service ein, den sie angegeben hat. Sie zickt rum oder beklaut einen oder es gibt tausend Gründe, warum man eher zu einer Puppe geht, wenn man enttäuscht wurde.

 

Die Puppen sind da unkomplizierter?

Ich sehe es ja hier vor Ort: Es gibt gute und schlechte Frauen. Bevor der Gast mit falschen Erwartungen irgendwo hingeht, geht er lieber zu einer Puppe.

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Da kommt sicher bei den echten Frauen Frust auf?

Klar! Es gibt Frauen, die entwickeln absolutes Konkurrenzdenken, weil die Puppen mehr verdienen als echte Damen. Ist peinlich, das zu sagen, ist aber echt so. Wenn wir hier sitzen, klingelt es eher für die Puppen als für uns. Da kommt Frust auf, aber das haben die sich alle selbst eingebrockt, weil sie zum Beispiel unzuverlässig sind. Die Puppen sind stattdessen ständig verfügbar und machen keinen Scheiß, sagen wir’s mal so. 

 

Wie ist denn das lokale Echo der Presse? Kommen da auch Leserbriefe, die Puppenkunden bemitleiden?

Nee, denke ich nicht. Ich denke sogar, dass die Männer, die zu Puppen gehen, ehrenwerter sind. Weil sie nicht die Gefahr eingehen, dass sie zu einer Prostituierten gehen, die darauf keine Lust hat und das unter Zwang macht, vielleicht einen Zuhälter hat. 

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Gibt es noch andere Gründe?

Es kann durchaus sein, dass darunter Menschen mit sozialen Defiziten sind, die sich zum Beispiel schämen würden, einer echten Frau zu sagen, dass sie etwa Sex in der Missionarsstellung haben wollen. Etwas total Unspektakuläres, aber sie trauen sich vielleicht nicht. Da ist es natürlich super, wenn sie eine Alternative zu ihrer Handarbeit haben. 

 

Ist das mit den Puppen auch eine Art Selbstbestimmung für Prostituierte?

Zu einem gewissen Grad. Aber da sind immer auch Feministinnen dabei, die das in der Luft zerreißen. Ich gebe mal ein Beispiel. So hieß es: Durch die Puppen machten wir Frauen uns zu Sexobjekten. Früher habe ich mir immer mal die Kommentare durchgelesen, als es ganz neu war, aus Neugierde. Ich habe aufgehört, die zu beachten, als ich lesen durfte: „BorDoll züchtet die nächste Generation Vergewaltiger heran.“

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Ein starker Vorwurf!

Also, ich kann dazu nur sagen: Mir ist noch nie eine Puppe kaputtgegangen, weil das jemand mutwillig gemacht hat. Ich finde, Vergewaltiger finden’s geil, wenn das Opfer zappelt und heult. Und darum bittet, aufzuhören. Dafür kommen die Puppen gar nicht in Frage.

 

Wieso kommen aber diese Kommentare?

Das sind dann so Feministinnen, die echt total egoistisch denken, weil sie keinen Spaß im Leben haben. Ich weiß es nicht. Es gibt viel größere Probleme. Es gibt Probleme von Kinderprostitution in Dortmund und es gibt Affenbordelle in Indonesien. Darüber sollte man sich mehr Gedanken machen, als wenn jetzt Männer oder Frauen Puppensex haben!

 

Wenn die Prostituierten zu Puppen werden, dann sehen sie ihre Vorurteile bestätigt!

Ich weiß nicht, was bei denen das Problem ist, man könne eine Frau nicht mehr respektieren, weil man zu einer Silikonpuppe geht. Dann sollen sie alle ihre Dildos wegschmeißen! 

 

Die geheimen Dildos!

Ja, genau. (Lacht)

 

Gibt es auch Männer-Puppen und habt ihr auch Kundinnen?

Ja, wir haben uns ein halbes Jahr nach Eröffnung des BorDolls den Diego zugelegt, eine männliche Sexpuppe. Auch dies war den etlichen negativen Kommentaren von Frauen geschuldet, die es als diskriminierend empfanden, dass es bei uns nur weibliche Dolls gab – leider sind aber genau diese Frauen, die „so laut“ geschrien haben, nie bei uns angekommen (Lacht).

 

Wer benutzt also den Diego?

Jetzt wird er hauptsächlich von männlichen Kunden genutzt, sowie von Paaren, die gemeinsam das BorDoll besuchen (Weibliche Gäste nehmen übrigens auch weibliche Sexpuppen mit aufs Zimmer).

 

Nochmal zu den Puppen: Neben dem Know-how muss man ja auch immer investieren. Die Kosten sind sicher nicht zu verachten?

Je nach Gewicht und Größe, und je nachdem, wie viel Silikon verarbeitet wurde, kosten die zwischen 900 und 1.500 Euro. Die halten nicht ewig. Man muss die immer wieder neu anschaffen und austauschen. Wir verdienen gutes Geld, aber es ist jetzt natürlich nicht so, dass man schnell Millionär wird. 

 

Das ist dann doch eine Investition, wenn es an die 1.000 Euro geht!

Genau. Und wenn man ganz viel Pech hat, geht die Puppe nach der dritten oder vierten Benutzung kaputt, warum auch immer. Vielleicht weil das Metallskelett in der Puppe schon angeknackst war, bei der Fracht nach Deutschland. Aber da können wir den Kunden auch nicht verantwortlich machen.

 

Ein Risiko ist also immer dabei?

Wenn die Puppe reinkommt, wissen wir nicht, was für einen sie hatte. Das ist Betriebsrisiko. Dann ist das Geld auch weg! Dann hat die noch nicht mal den Betrag eingespielt, der ausgegeben wurde. 

 

Ihr müsst die also importieren? Einen nahen Händler gibt es für euch nicht? 

Nein. Die kommen alle aus Asien. 

 

Die sind da mit der Produktion schon weiter?

Also, ich kenne keinen deutschen Hersteller. Es gibt natürlich Modelle, die in Amerika produziert werden. Die sind vom Material wesentlich besser, aber schweineteuer! Das rentiert sich für uns nicht. 

 

Kommen die leicht durch den Zoll? 

Wenn man Gewerbetreibende ist, muss man sich erstmal registrieren lassen. Alles, was sich beim Zoll über vierhundert Euro bewegt, muss sowieso jedes Mal aufgemacht werden. 

 

Ist für die Zollbeamten immer eine schöne Überraschung, wenn du da auftauchst und die Dolls aus dem Paket gucken?

Es ist nicht mehr so, dass ich da jedes Mal hin muss. Da ich die Registrierung habe, liefern sie mir die Puppe direkt in die Verwaltung. 

 

Was wird die Zukunft bringen?

Wie erwähnt, denke ich, dass die Menschen eh irgendwann fast komplett durch Technik beziehungsweise Roboter ersetzt werden – auch das Erotikgewerbe, aber erst dann, wenn man wirklich nicht mehr zwischen „echtem“ oder „künstlichem“ Mensch unterscheiden kann.

 

Vielen Dank fürs Gespräch.

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INFO

Arbeitet seit 2011 im Rotlichtgewerbe. Betreibt in Dortmund „Das Institut/Sex-Session“ mit 18 Dolls. Da der Nachwuchs fehlte, machte Evelyn Schwarz aus der Not eine Tugend. Wer es gerne menschlicher mag, wird auch nicht enttäuscht. Und damit klar ist: Das hier sind alles wissenschaftliche Zitate, keine Werbung fürs Gewerbe! 

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Viele, viele weitere Infos zur Evelyn Schwarz erfahrt Ihr am besten hier:

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Autor Dominik Irtenkauf / Illustration Thorsten Kambach

Erstmalig erschien dieser Text in Stadtgeflüster Interview

August 2019

​Alle Rechte bei Stadtgeflüster – das Interviewmagazin vom

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