Arndt Zinkant befragt Adam Riese, der mit seiner Show neu durchstartet
EINE SHOW WILL HOCH HINAUS
Ein echter Entertainer braucht die Bühne wie Luft zum Atmen. Aber Bühnenluft war Adam Riese, Münsters bekanntem Showmaster, nun über zwei Jahre verwehrt. Corona sei’s geklagt. Aber der schelmische Krawattenmann war derweil nicht untätig – und hat seiner über 15 Jahre bestehenden „Adam Riese Show“ erneut ein Update verpasst. Und einen Umzug, der die Fans gleichsam abheben lässt.
Adam, bei unserem letzten Gespräch im Februar 2021 zeigtest du dich in puncto Corona als Optimist.
Tatsächlich?
Ja, du sagtest seinerzeit: „Spätestens ab Pfingsten werde ich durch Münster laufen und wildfremde Menschen umarmen!“
Stimmt! Aber ich hatte keine Jahreszahl genannt. Im Ernst: Ich habe mir anfangs wirklich nicht vorstellen können, dass uns die Pandemie so lange begleitet. Und das war gut so. Wenn ich damals geahnt hätte, wie lange wir nicht mal gute Freundinnen und Freunde umarmen, hätte ich schlechte Laune bekommen.
Wagst du denn eine neue Prognose über das Ende der Maßnahmen?
Klar. Am 3. April gibt es die erste Adam Riese Show seit über zwei Jahren – der Vorverkauf startet am 2. Februar. Das heißt, die Pandemie wird schlagartig am 2. April enden. Und ja: Ich rede von 2022.
Deine Show ist ein gutes Stichwort. Besonders über der Kulturbranche schwebt ja bis heute das Damoklesschwert der Pandemie. Das betrifft dich ebenso wie deine hochgeschätzten Gäste. Wenn man den Gerüchten trauen darf, willst du mit der neuen Show-Location „hoch hinaus“. Was ist dran?
Das ist die nackte Wahrheit. Wir gehen in den Engelsaal im sechsten Stock vom ATLANTIC Hotel.
Wie bist du denn auf diesen Ort gestoßen?
Den Hoteldirektor Sascha von Zabern hatte ich bei der Skate Aid Night 2019 kennengelernt. Da hatte er mich gefragt, ob ich Lust hätte, mit einem Kreis illustrer Menschen einen Münster-Kaffee für das ATLANTIC zu kreieren. Meinen Einwand, dass ich keinen Kaffee mag, hat er nicht gelten lassen. Zum Glück! Sonst wäre mir ein äußerst heiteres Coffee Cupping entgangen. Mit der radelnden Redakteurin Britta Heithoff, der Designerin Claudia Gerken und den Münster-Originalen Titus Dittmann und Steffi Stephan haben wir bei einem lustigen Ausflug zur Union-Rösterei in Bremen den ATLANTIC Hotel Kaffee Blend erfunden.
Und dann?
Hat Sascha mich eingeladen, sein Hotel zu besichtigen. Obwohl das noch im Rohbau war, habe ich mich sofort in den Engelsaal verliebt. Wir sind sogar aufs Dach gestiegen. Das war herrlich. Als Kinder waren wir immer auf die Realschule im Kreuzviertel geklettert. Seitdem war ich auf keinem Dach mehr. Zumal ich nicht ganz schwindelfrei bin.
Dreimal umgezogen heißt im Volksmund so viel wie „einmal abgebrannt“. Warum tust du dir erneut einen Umzug an? Gab es etwa Kritik von den Fans oder Mitarbeitern an der alten Location?
Nein. Wir haben uns in der CLOUD sehr wohlgefühlt. Der Umzug war keine Entscheidung gegen die CLOUD, sondern eine für den Engelsaal. Und das ATLANTIC liegt mitten in der Stadt. Ich finde, da gehört die Adam Riese Show hin. Außerdem sind die Bedingungen dort optimal.
Zum Beispiel?
Du weißt ja, dass meine Frau immer für das gesamte Ensemble kocht. Das gemeinsame Essen vor der Show ist immer ein wichtiger Moment. In den früheren Locations musste sie mit Behelfs-Kochplatten in der Garderobe arbeiten. Im ATLANTIC hat sie eine voll ausgestattete Profi-Küche zur Verfügung. Nach der Aftershowparty können die Talkgäste dann ohne Umwege in ihr Hotelbett fallen. Und mit Sascha von Zabern haben wir einen Gastgeber, der sich mit viel Leidenschaft für meine kleine Show engagiert.
Das ATLANTIC tritt aber nicht als Veranstalter auf, oder?
Nein. Ich bin sehr glücklich, dass das Tim Eberhardt von der Friedenskapelle übernimmt. Der bringt die richtige Mischung aus Professionalität und Herzblut mit. Da kann ich mich am Veranstaltungstag ganz entspannt auf die Show konzentrieren.
Profitiert auch das Publikum von dem Umzug?
Klar! In Bahnhofsnähe ist die Location für alle optimal zu erreichen. Wer mag, kann vor der Show im Hotel essen oder nachher in der Skybar bei einem Cocktail den Blick über Münster bei Nacht genießen. Die Bar liegt nämlich direkt neben dem Engelsaal.
Du hattest bereits bei unserem vorigen Gespräch auf eine neue „männliche Assistentin“ hingewiesen. Kannst du uns endlich den Namen verraten?
Sehr gerne. Das wird der Klavier-Comedian Jens Heinrich Claassen. Der ist reich und schön.
Wird der dann so ein Sidekick wie Manuel Andrack bei Harald Schmidt?
Nein. Sidekick bleibt mein Bandleader Markus Paßlick. Der ist perfekt in dieser Rolle. Aber meine Assistentinnen wurden ja immer auch zweckentfremdet. Für Impro-Spiele zum Beispiel. Da ist Jens Heinrich vielseitig einsetzbar. Der ist spontan, witzig, kann improvisieren, musizieren … Da wird uns sicher etwas einfallen.
Wie steht’s mit deinem übrigen Team – der harte Kern bzw. die Show-Urgesteine werden doch wohl bleiben?
Natürlich! Es gibt ja auch ganz wertvolle Menschen hinter den Kulissen. Die Showköchin hatte ich erwähnt. Aber auch Showredakteur Peter Sauer, der für mich recherchiert und Vorgespräche mit den Talkgästen führt, und unser Hausfotograf Tom Heyken sind von der ersten Show an und weiterhin dabei. Was für mich aber das Wichtigste ist: Meine Band bleibt! Jürgen Knautz am Bass, Altfrid M. Sicking am Vibraphon und Markus Paßlick an der Percussion sind nicht nur hervorragende Jazzer. Sie haben mit der eher ungewöhnlichen Besetzung einen sehr eigenen Sound und schaffen es immer wieder, sich auf die sehr unterschiedlichen sangeswilligen Talkgäste einzustellen. Am 3. April bekommen sie übrigens Unterstützung von der Soul-Sängerin Magdalena Kryspin. Auf die freue ich mich.
Und wer wird am 3. April auf dem Sofa Platz nehmen?
Mit Nele Mueller-Stöfen und Seumas Sargent kommen zwei Schauspiel-Stars, die schon für die Show vor zwei Jahren gebucht waren, die dann aus bekannten Gründen abgesagt wurde. Nele kennst du aus vielen Filmen, sie schreibt aber auch Drehbücher. Seumas ist aktuell in Netflix-Serien zu sehen und blickt auf über 15 Jahre „Blue Man Group“ zurück. Der dritte Talkgast ist Marian Gold, Sänger von Alphaville, die ja 1984 von Münster aus ihre Weltkarriere gestartet haben.
Wird die Show immer noch Münster als Fixstern behalten – oder gehen dir die hiesigen Promis allmählich aus?
Keine Angst! Meine Wunschliste ist noch sehr lang. Wir beschränken uns ja nicht auf Talkgäste, die hier leben. Ein Bezug zu Münster reicht aus. So hatten wir ja auch Friederike Kempter aus dem Münster-Tatort da oder Steffen Henssler, der von Münster aus gemanagt wird.
Was hast du sonst in der Pandemiezeit getrieben?
Zum Glück konnte das „Festival der Demokratie“ unter Coronabedingungen stattfinden. Ich durfte kleine Talks im Pumpenhaus beisteuern. Da hat mir zum Beispiel der Kabarettist Henning Venske erzählt, dass in den 1970ern sein Telefon abgehört wurde. Der Beweis: Obwohl Henning irgendwann die Zahlungen eingestellt hat, wurde sein Anschluss nie abgestellt. Schön war: Die Talks wurden von einem Gebärdendolmetscher simultan übersetzt. Veranstaltet wurde das Festival ja vom Stadtensemble Münster, das tolle Formate für die Coronazeit entwickelt hat. Da werden Menschen im direkten Austausch oder sogar per Telefon mit Kultur versorgt. Ich selbst durfte einen „Kulturspaziergang“ durchs Südviertel mit Wilhelm Schlotterer vom Theater Münster machen. Das Ergebnis kann man sich als Podcast bei MünsterStream anhören.
Und du bist gar zum Sammelbild aufgestiegen?
Ja, man kann mich jetzt in das neue Panini-Album für Münster einkleben. Das ist eine sehr große Freude für mich, weil ich damit natürlich wunderbare Kindheitserinnerungen verbinde. Und in der Pandemiepause hatte ich ja mit Oliver Pauli den „Culture Club Münster“ fürs Netz moderiert, den es übrigens noch auf YouTube zu sehen gibt.
Genau. Da hattet ihr auch zu Spenden für die Kulturszene aufgerufen, zum Beispiel fürs „Theater Titanick“. Wie haben sich die Dinge bislang entwickelt?
Die Titanick ist stark angeschlagen, aber nicht gesunken. Die hatten im Sommer mehrere Aufführungen in Münster, die sehr erfolgreich waren. Leider mussten sie wegen der Abstände die Anzahl der Zusehenden sehr klein halten. Das hat auch wirtschaftlich Konsequenzen.
Alles wird immer teurer – auch deine Eintrittskarten?
Auch für uns wird alles teurer. Vor allem meine Anzüge. Im Ernst: Wir müssen damit rechnen, dass wir auch im April unter Coronabedingungen arbeiten müssen. So ist beispielsweise die Überprüfung der 2G-Regeln recht aufwendig. Damit die Ticketpreise nicht explodieren, bekommen wir Hilfe von Volksbank Immobilien Münsterland. Die haben uns unbürokratisch Unterstützung angeboten, ohne dass die Veranstaltung zukünftig „Die Immobilien-Show“ oder „Das Volksbank-Sofa“ heißen muss. Das ist toll. Und das Ergebnis ist, dass die Karten für die Show nicht teurer werden.
Um einmal mehr auf Harald Schmidt zu kommen: Der sagte mal in seiner typischen Ironie: „Irgendwann erwartet man Dankbarkeit dafür, dass man überhaupt noch auftritt.“ Schließlich zog er dann seiner Show den Stecker. Wie lange willst du noch durchhalten?
Gute Frage. Als wir mit der Show gestartet sind, hatte ich mir erträumt, zehn Jahre durchzuhalten. Nun machen wir das seit 15 Jahren. Von daher bin ich mit Prognosen vorsichtig. Wie gut ich bei Vorhersagen bin, hattest du ja schon zu Beginn dieses Interviews festgestellt.
Solange uns Menschen sehen wollen und wir auf der Bühne Spaß daran haben, machen wir weiter.
INFO
Adam Riese
Er ist in Münsters Szene seit den 1980er-Jahren bekannt, sei es als Punksänger oder bei den „Fidelen Schwagern“, zu denen auch Götz Alsmann zählte. Die „Adam Riese Show“ wurde vor 15 Jahren ins Leben gerufen, wanderte vom Pumpenhaus in die Cloud und wird bald ein neues Zuhause finden. Der studierte Mathematiker Riese verdient seine Alltagsbrötchen als IT-Fachmann.
Autor Arndt Zinkant / Illustration Thorsten Kambach / Fotos Christoph Steinweg, Tom Heyken
Erstmalig erschien dieser Text in Stadtgeflüster Interview Februar 2022
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