
Tom Feuerstacke und Thomas Terbeck besprechen einen Auslandsaufenthalt
FERNWEH
Irgendwann packt es einen. Kurz vor dem Ende der Schulzeit werden Pläne geschmiedet.
Wie komme ich von zu Hause weg und kann den Duft der weiten Welt genießen? Nicht umsonst ist man erwachsen und will Länder erobern und Dinge erleben, von den man bisher nur hören konnte oder maximal gelesen hatte. Spätestens bei der Planung stellt man fest, dass das Ganze garnicht so einfach ist und meistens scheitert es an den finanziellen Mitteln und aus ist der Traum. Muss er aber nicht. Wenn man an Thomas Terbeck gerät, zeigt er einem mit seinem Team, wie man ins Ausland kommt – und das mit durchaus wenigen Mitteln. Denn nichts sollte einen aufhalten, wenn es einen gepackt hat, das Fernweh.
Thomas, ich habe über dich gelesen, dass du nach dem Abitur in einem kurzen Zeitraum unglaublich viele Länder bereist hast?
Nach meinem Abitur habe ich 40 Länder weltweit bereist. Das ist eine ganze Menge. Aber unglaublich viele sind es nicht. (Lacht). Es gibt schließlich mehr als 200 Länder. Aber bis zu meinem 25. Lebensjahr war ich ganz gut unterwegs. Danach wurde es ruhiger, wobei ich weiter gereist bin, allerdings immer mehr familiengerecht; gerne auch einfach an die Nordsee.
Du hast über deine Reisen zwei Handbücher geschrieben. Eines davon mit dem Titel „Fernweh“. Wovon handelt das Buch?
Dieses Handbuch war mein Start in den Prozess, als ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Es war der Beginn, jungen Leute über die Möglichkeiten ins Ausland zu reisen, Informationen zu liefern. Ich selber war bereits in der Jahrgangsstufe elf Austauschschüler in den USA. Ich habe während des Aufenthaltes verschiedene Erfahrungen gemacht. Es war nicht alles Friede und Freude. Kulturschock, Heimweh und Probleme mit der Gastfamilie standen durchaus auch auf der Agenda. Alle diese Probleme sind allerdings gut in den Griff zu bekommen. Und während meines Aufenthaltes als Erasmusstudent in Frankreich kam mir dann die Idee, einen Ratgeber für Austauschschüler zu schreiben. Denn die Problemebereiche, die es in Amerika gab, traten in Frankreich auch auf. Und somit war die Idee geboren, ein Buch zu schreiben.
Spannend, dass du das ansprichst. Denn nach einer langen Reise oder einem Aufenthalt im Ausland erzählen alle, dass es supergeil war. Aber am Anfang stehen eigentlich die meisten vor Problemen, die ja vielfältig sein können. Welche waren es, über die du im Ratgeber geschrieben hast?
Es ist schon unglaublich viel, was da auf einen zukommt. Häufig ist es der erste Schultag und das Finden von Freunden. Aber auch der Austausch und die Eltern sind nicht immer unproblematisch. Aber das „Handbuch Fernweh“ bietet mehr: Er begleitet von der ersten Idee über die Auswahl der richtigen Organisation. Der Schulbesuch im Ausland und die Gastfamilie sind weitere wichtige Bereiche. Auch die Rückkehr in die Heimat ist nicht ohne. Über all das habe ich geschrieben. Das war der Start in meine jetzige berufliche Tätigkeit. Auf einmal war ich Fachmann für Schüleraustausch-Programme, was zur Gründung meiner Firma „weltweiser“ führte.
Nicht schlecht. Du hast deine Erlebnisse als Schüler und junger Student gebündelt und daraus eine Firma gegründet. Aber mir ist noch nicht so klar, was ihr genau macht. Ein Reisebüro seid ihr ja nicht?
Wir sind quasi die unabhängige Schnittstelle zwischen Austauschorganisationen & Agenturen auf der einen und Jugendlichen und ihren Eltern auf der anderen Seite. Wir führen selbst keinerlei Programme durch, beobachten aber den ganzen Markt und informieren u.a. durch unsere deutschlandweit stattfindenden JugendBildungsmessen „JuBi“ über die vielfältigen Optionen, einige Wochen, Monate oder auch Jahre sinnvoll im Ausland verbringen zu können.

Reisen bildet
Okay. Ihr bringt den Interessenten aber auch Stipendien nahe. Seid ihr auch Förderer und bringt Schüler, Studenten oder sonst junge Menschen in die Welt?
Wir von „weltweiser“ haben die Weltbürger-Stipendien initiiert. Dabei handelt es sich um ein Dach in Form einer Webseite, auf der die Austauschorganisationen Stipendien ausschreiben können. Diese Förderungen bekommen das Weltbürger-Label und werden auf unseren Messen wie die in Münster vorgestellt und somit beworben. Die Idee dahinter ist, dass Organisationen Teilstipendien vergeben, von denen die Welt da draußen sonst wenig Notiz nimmt. In diesem Rahmen vergeben wir von „weltweiser“ auch zwei Stipendien. Eines davon hat den Schwerpunkt ‚Schüleraustausch‘. Das andere ‚18plus‘. Soll heißen: nach dem Abitur.
Das klingt ja alles nach Non-Profit. Ihr helft, beratet und öffnet Augen. Bringt junge Menschen sogar mit eigenen Stipendien in die Welt. Auf der anderen Seite hast du Familie und fährst mit ihnen in den Urlaub. So ganz ohne Profit geht das nicht?
Wir sind nicht die Wohlfahrt. Wir haben unterschiedliche Einnahmequellen. Auf unseren JuBi-Messen, die u.a. zweimal jährlich in Münster stattfinden, bezahlen Ausstauschorganisationen, die sich vorstellen, eine Standgebühr, Der Besuch für Interessenten ist hingegen kostenlos. Wir haben verschiedenste Bücher geschrieben, die sich mit dem Thema ‚Schüleraustausch und Auslandsaufenthalte für junge Menschen‘ befassen. Die verkaufen wir. Außerdem betreiben wir mehrere Webseiten zu dem Thema. Wenn uns Interessenten ansprechen, ist das erste Gespräch kostenlos. Kommt es aber zu einer intensiven Beratung und Begleitung, wird ein Beratungshonorar in Rechnung gestellt.
Reisen nach der Schule nannte sich in meiner Jugend „Interrail“. Wir sind mit Buddys in einen Zug gestiegen und kreuz und quer durch Europa gereist. Haben unglaublich viele junge Leute aus allen möglichen Ländern kennengelernt und sind nach sechs Monaten völlig verarmt wieder zu Hause angekommen…
(Lacht) …Unterwegs haben wir uns nur von Baguette und Ravioli ernährt…
…es war die erste Freiheit, die wir erleben konnten, fernab vom Elternhaus und den Fängen der erzieherischen und behütenden Hände der Eltern. Ich kenne unglaublich viele, die diese Möglichkeit ihrerzeit genutzt haben. Wird das heute noch genauso oft genutzt?
Es zieht schon sehr viele Kids und junge Erwachsene ins Ausland. Wir spüren einen regelrechten Run, seitdem nach der Coronapandemie wieder gereist werden darf. Was mehr geworden ist, dass die Reisenden ihren „Schüleraustausch“, „Work and Travel“ oder Studienaufenthalt angebunden an eine Austauschorganisation durchführen. Sie lassen sich also bei der Organisation ihrer zweiwöchigen Sprachreise nach Spanien, ihrem einjährigen Freiwilligendienst in Botswana oder einem Au-pair-Aufenthalt irgendwo in der Welt professionell unterstützen. Die Quote der Interrail-Touristen ist dagegen wahrscheinlich etwas gesunken. Das Gefühl des Fernwehs und des Reisens ist bei jungen Menschen aber ungebrochen.
Gibt es eine Tendenz, die ihr erkennen könnt, wo Generationen gerne hinreisen?
95 Prozent aller Austauschschüler gehen ins englischsprachige Ausland. Da sind die USA, auch wenn sie für viele Leute unpopulärer geworden sind, weiterhin das Land Nummer eins. Dicht gefolgt von Kanada. Im Bereich der Freiwilligenarbeit reisen die jungen Menschen vornehmlich nach Afrika und Asien. Sprachreisen wiederum gehen zum größten Teil nach England, Irland und Malta. Also auch hier ist der englischsprachige Raum sehr gefragt. Während bei Work and Travel Australien und Neuseeland der Klassiker sind.

Ich habe fast ganz Südamerika bereist
Ich schätze, dass sich das in den letzten 20 Jahren kaum geändert hat. Oder nimmst du da andere Tendenzen wahr, seitdem du deinen Ratgeber geschrieben hast?
Im Bezug auf die englischsprachige Dominanz hat sich tatsächlich nichts geändert. Was allerdings anders ist: früher sind vier Fünftel aller Austauschschüler in die USA gegangen. In den letzten zehn Jahren ist die Popularität von Kanada, England, Irland, Australien und Neuseeland gegenüber den USA stark gestiegen.
Euer Event in Münster trägt den Namen „JugendBildungmesse“. Dabei ist eure Kernkompetenz das Reisen. Wie passt das zusammen?
Wir sehen die Auslandsaufenthalte nicht nur unter touristischen Aspekten. Denn wir wissen, dass Reisen bildet. Es geht um die Persönlichkeitsentwicklung jenseits vom Spracherwerb. Das alles ist sehr prägend und bildend. Deshalb der Name unseres Events.
Ihr seid aber schon eher eine Reisemesse und keine Bildungsmesse, an der sich eine Universität aus dem Ausland vorstellt?
Richtig. Wir sind vor allem keine Karrieremesse. Sprich: Bei uns stellen sich z.B. keine deutschen Universitäten oder Arbeitgeber vor. Stattdessen kann man sich auf der JuBi bei Austauschorganisationen und Agenturen informieren, welche Angebote und Programme in Bezug auf die verschiedensten Auslandsaufenthalte existieren. Es wäre übrigens falsch zu denken, dass man bei den meisten Auslandsaufenthalten kostenfrei wegkommt. Viele Programme sind durchaus kostenintensiv. Aber es gibt eben durchaus auch relativ kostenneutrale Optionen, z.B. geförderte Freiwilligendienste oder das Au-Pair-Programm. Work and Travel kann auch sehr günstig sein. Das hängt allerdings davon ab, wie viel „Work“ man macht und wie viel „Travel“.
Wenn du heute dein Abitur gemacht hättest und dich ins Ausland verabschieden würdest, was wäre die Destination?
(lacht) Das ist gar nicht so einfach. Damals war ich als Schüler zum Austausch in den USA. Nach meinem Schulabschluss bin ich in Ecuador gestartet bin und fast ganz Südamerika bereist habe. Aber heute, wenn ich neu wählen könnte? Puh, das ist gar nicht so einfach. Weil es so vieles gibt, was sich lohnt zu sehen und mein Horizont viel weiter ist. Ozeanien, also Australiern und Neuseeland vermutlich. Obwohl, Costa Rica wäre als Start auch nicht zu verachten.
Ich glaube, ich würde nach China. Oder doch Kapstadt? Sei es drum. Ich wünsch dir und deinen ganzen jungen Menschen eine unglaublich geile Reise. Wir sehen uns auf der „JuBi“.
Danke, da sehen wir uns und werden auch was für dich, nicht mehr ganz so jungen Menschen, finden.
Thomas Terbeck
Der 1972 geborene Weltreisende hat seine Passion zum Beruf gemacht. Seine Expertise von 40 Ländern bis zum 25. Geburtstag ist groß genug, andere ins Ausland zu begleiten. Neben dem Reisen ist der Geschäftsmann begeisterter Konzert-Hopper.
https://weltweiser.de/jugendbildungsmesse-muenster/
Illustration Thorsten Kambach / Fotos wegweiser & shutterstock